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Immer mehr Gefängnisse setzen auf Drogenscanner

Ionenscanner zum Drogennachweis
Ein Mitarbeiter der JVA Bruchsal schiebt ein Swab mit einer Abstrichprobe eines Briefs in einen Ionenscanner.

Im Kampf gegen Drogen in Gefängnissen kommt in immer mehr Bundesländern ein zuerst in Wittlich erprobter Drogenscanner zum Einsatz. «Wir haben, wenn wir uns Rheinland-Pfälzer und die Saarländer mitzählen, heute insgesamt zehn Bundesländer, die mit uns kooperieren», sagte der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich, Jörn Patzak, der Deutschen Presse-Agentur. Weitere Bundesländer und auch europäische Nachbarländer hätten Interesse signalisiert. «Das zeigt, dass es überall ein Problem ist.»

Um was geht es? Vor allem um neue psychoaktive Stoffe wie synthetische Cannabinoide, die an Gefangene in Haftanstalten eingeschmuggelt werden. Sie würden auf Papier geträufelt und mit Briefen und Kinderbildern in die JVAs geschickt. «Sie sind nicht sichtbar und sie riechen nicht», sagt er. Daher ging im Sommer 2018 in Wittlich ein bundesweit einmaliger Detektor an den Start. Er spürt die Substanzen auf, die in einer Datenbank ständig aktualisiert aufgenommen werden. «Es kommen immer neue Stoffe hinzu.»

Der Scanner ist seit Herbst 2019 mobil in allen zehn Gefängnissen in Rheinland-Pfalz im Einsatz – und hat schon viele Treffer gehabt: Inklusive der JVA Wittlich seien es bis Ende 2022 genau 509 Fälle gewesen, in denen per Scanner Drogen nachgewiesen wurden, sagte Patzak. Davon entfielen auf die JVA Wittlich 197 Treffer.

Gerade habe Rheinland-Pfalz ein zweites Gerät für den Einsatz im Vollzug angeschafft, sagte Patzak. Es solle «in Kürze» in der JVA Diez angesiedelt sein. Zuvor müssten noch die Mitarbeiter, die das Gerät bedienten, in Wittlich geschult werden. Die JVA Diez werde dann auch mobil einen Teil der JVAs im Land für Tests übernehmen. «Es macht Sinn, dass wir jetzt mit einem zweiten Gerät die Kontrollzyklen noch erhöhen.» Ein Scanner steht zudem beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz, wo der Aufbau der Datenbank mit festgestellten Substanzen erfolgt.

Die eingeschmuggelten Drogen seien höchst gefährlich, sagte Patzak. «Wir wissen, dass die Leute kollabieren. Wir haben ganz viele Notarzteinsätze in den letzten Jahren gehabt.» Meist würden Konsumeinheiten aus den Karos von Papierblättern herausgeschnitten und dann geraucht. Der Konsument wisse aber oft gar nicht genau, wie der Stoff wirke und wie viel aufgeträufelt sei. «Es gibt eine hohe Gefahr der Überdosierung. Zum Glück hatten wir noch keinen Drogentoten.»

So ein präpariertes DIN A4-Blatt koste in der Herstellung fünf bis zehn Euro, werde aber in der JVA für zwischen 150 bis 200 Euro gehandelt. «Für zehn Karos zahlt man eine Packung Tabak. Das ist unsere Währung hier, das sind ungefähr fünf Euro», erzählte der Jurist.

Aber auch zum Schutz der Mitarbeiter sei der Kampf gegen Drogen wichtig, sagt der Leiter des größten Gefängnisses in Rheinland-Pfalz. «Eine Nebenwirkung von Designerdrogen ist die Aggressivität. Die kommt von einer Sekunde auf die andere.»

Ganz verhindern werde man den Drogenschmuggel ins Gefängnis nicht. «Dafür ist das Interesse der Menschen, die hier drin sind, zu groß.» Der Drogenscanner komme stichprobenartig zum Einsatz. «Wir haben in der JVA Wittlich ja 200 bis 300 Briefe am Tag mit teilweise zig Seiten.» Und das Einschmuggeln über Körperöffnungen sei kaum zu stoppen. «Man schluckt runter, wenn man kontrolliert wird.»

Im Herbst kämen alle Anwender jener Drogenscanner zu einer Fachtagung nach Wittlich, sagte Patzak. Je nach Bundesland seien ein bis vier Geräte im Einsatz. Mit dabei sind Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. «Ich hätte am Anfang nie gedacht, dass wir eines Tages mal sagen können: In Rheinland-Pfalz haben wir so einen Exportschlager erfunden», sagte Patzak.

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