Am Rande der kleinen Gemeinde Sankt Leon-Rot schien ein Auto zu brennen. Weißer und schwarzer Rauch steigt aus dem blauen Sommerhimmel. Die Feuerwehr ist vor Ort und versucht, das Auto zu löschen.
Für die 17 Feuerwehrleute aus Sankt Leon-Rot und den angrenzenden Gemeinden ist das oft eine Selbstverständlichkeit. Doch diese Jungs betreten Neuland, denn die rauchenden Autos sind mit Lithium-Ionen-Batterien ausgestattet.
Schulungen sind beliebt
Bisher haben viele der mehr als 43.000 Feuerwehren im ganzen Land keine praktischen Erfahrungen mit der Verbrennung von Elektrofahrzeugen gesammelt. In diesem Fall handelt es sich um das patentierte Schulungsfahrzeug „Q4Flo“ der Firma Maurbronn. Schulungen sind sehr gefragt. Auch der ehrenamtliche Feuerwehrmann Thomas Wassersleben war am Vormittag in der Feuerwache Sankt-Leon-Roter anwesend.
„Ich habe großen Respekt vor Elektroautos und habe Angst vor einem Stromschlag“, beschrieb der 42-Jährige seine Motivation für die Teilnahme am Kurs. Daniel Rothmaier, Geschäftsführer von „Q4Flo“, sagte: „Unser Ziel ist es, die Einsatzkräfte auf den künftigen Einsatz von Elektrofahrzeugen vorzubereiten und das Risiko auf Null zu reduzieren.“
Da die Anzahl der Elektrofahrzeuge auf dem Straße nimmt zu Mit der Zahl steigt auch der Bedarf an Weiterbildung. Nach Angaben der Federal Motor Carrier Administration stiegen die Zulassungen von Elektrofahrzeugen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 31,7 Prozent. Sie machten in diesem Zeitraum 15,8 % (220.244) aller Anmeldungen aus.
Unterschiede in der Art und Weise, wie Brände entstehen und gelöscht werden
Die Schulungen von Sankt Leon-Rot beginnen mit einer grundlegenden Frage: Wie erkennt man ein Elektroauto bei einem Unfall wirklich? Antwort: Der Buchstabe „E“ hinter der Fahrzeugnummer ist der einfachste Hinweis, aber nicht zwingend erforderlich. Ein weiteres Zeichen ist das Fehlen von Kühlergrill und Auspuffrohren.
Sobald eine solche Situation bei Elektrofahrzeugen festgestellt wird, kann die Feuerwehr beherzt eingreifen. „Erkennen die Sensoren des Fahrzeugs einen schweren Unfall, wird die Verbindung der Batterie zu den Hochvoltkomponenten automatisch getrennt“, erklärt Rothmeier. Dennoch müssen im Betrieb Atemschutz und Hochspannungshandschuhe getragen werden, um im Notfall Batterie und Antriebsstrang manuell trennen zu können.
Elektrofahrzeuge stellen keine Brandgefahr dar. Wie Markus Egelhaaf von der Stuttgarter Versuchsabteilung es ausdrückt, betont das Sicherheitsunternehmen Dekra, dass es insgesamt besser sei als brennende Fahrzeuge. Allerdings gibt es Unterschiede in der Art und Weise, wie Brände entstehen und wie sie gelöscht werden. Verbrennungsmotoren fangen während der Fahrt häufiger Feuer, während Elektrofahrzeuge eher beim Laden Feuer fangen. Ursachen hierfür können unsachgemäßer Anschluss des Ladegeräts, Überhitzung des Akkus oder Kabels sowie Kontaktprobleme sein.
Bis zu 10.000 Liter Löschwasser
Um eine brennende elektronische Batterie zu löschen, werden an die Feuerwehr unterschiedliche Anforderungen gestellt: Es muss mehr Wasser und eine längere Zeit zum Abkühlen des Feuers aufgewendet werden Als ein rauchender Brennermotor. Es werden bis zu 10.000 Liter Löschwasser benötigt. Typischerweise kann ein Feuerwehrauto zwischen 800 und 2000 Liter fassen. Der Zugang zu so viel Wasser ist außerhalb der Städte eine Herausforderung. „Deshalb muss die Feuerwehr mehr Wasserfahrzeuge haben“, sagte Hachemer.
Bei einem Brand in einem Elektrofahrzeug können Einsatzkräfte ihre Arbeit nicht mit dem üblichen „Feuer löschen“-Befehl beenden, sondern nur mit Worten wie „Feuer ist unter Kontrolle“.
Warum es dazu kam, wurde den Einsatzkräften während ihrer Schulung klar: Bei einer Testfahrt geriet ein scheinbar ausgefallenes Auto nach wenigen Minuten erneut in Brand – musste wieder abkühlen. Dies simuliert eine „thermische außer Kontrolle geratene“ chemische Reaktion, bei der eine Batteriezelle eine andere entzündet. Deshalb muss es besonders lange gekühlt werden.
Gefahr durch hochgiftige Flusssäure
Bei Schäden an herkömmlichen Antrieben muss verhindert werden, dass sich austretender Kraftstoff entzündet oder im Falle eines Batteriebrandes in den Boden oder in die Erde versickert Auch die giftige Flusssäure birgt zusätzliche Gefahren für die Kanalisation. Fluorwasserstoff im Wasser kann Hautverbrennungen, Knochenschäden und in den schwersten Fällen einen Herzstillstand verursachen.
Nach mehr als vier Stunden Training freut sich Feuermann Wassersleben über seine Neuentdeckung. Insbesondere seine Angst vor den Lebenden war verschwunden.
„Jetzt weiß ich, wohin ich gehen und wo ich mich fernhalten muss.“ Zufrieden ist auch Kommandant Bernd Kerle aus St. Leon-Roth, der den ersten Lehrgang initiiert hat. „Sie sind jetzt bestens vorbereitet.“ Gerade wenn es darum geht, Leben zu retten, sollten Feuerwehrleute keine Angst haben.