Das Engagement der Menschen für Geflüchtete ist in Hessen nach Einschätzung des Marburger Sozialpsychologen Ulrich Wagner seit der großen Fluchtbewegung 2015 zurückgegangen. «Es ist schwer, das Engagement über so eine lange Zeit aufrecht zu erhalten, außerdem erwarten viele, dass die staatlichen Unterstützungssysteme für Geflüchtete inzwischen deutlich effektiver sein müssten», sagte Wagner der Deutschen Presse-Agentur. Nach einer gewissen Zeit habe auch ein Gewöhnungseffekt eingesetzt, wodurch die Hilfsbereitschaft abnehme.
Zudem führen laut Wagner einige Debatten zu einer verschobenen Wahrnehmung: «Seit eineinhalb Jahren hören wir, dass die Kommunen mit der Zahl der Geflüchteten überlastet sind», so der Sozialpsychologe. «Da es keine klare Lösung gibt, führt das zu Unsicherheit. Diese kann schnell umschlagen in Fremdenfeindlichkeit.» Das werde vor allem von Parteien wie der AfD ausgenutzt.
Der im Februar 2022 begonnene russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Zahl der Flüchtlinge auch in Hessen weiter deutlich steigen lassen.