Der frühere Bayern-Profi Dietmar Hamann sieht die Fankritik im Fall Jérôme Boateng als Hauptursache für die Entscheidung der Münchner gegen eine erneute Verpflichtung des Ex-Nationalspielers. «Der einzige Grund, warum er keinen Vertrag bekommt, das sind die Fans», sagte Hamann am Samstag im TV-Sender Sky. Die sportlichen Argumente der Bayern, die ihren Verzicht auf Boateng mit der wieder besseren Personallage in der Abwehr begründeten, hält der 50-Jährige für vorgeschoben. «Damit kann ich nichts anfangen und da versuchen die Bayern, die Öffentlichkeit ein Stück weit für blöd zu verkaufen», sagte Hamann.
Boateng steht vor einem neuen Strafprozess in Bayern, weil ihm vorgeworfen wird, im Sommer 2018 seine damalige Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder im Urlaub angegriffen zu haben. Deswegen wurde der 35-Jährige im Vorjahr wegen Körperverletzung und Beleidigung in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 1,2 Millionen Euro verurteilt – dieses Urteil aber hob das Bayerische Oberlandesgericht jüngst auf und gab den Fall zurück an das Landgericht München I. Die Causa wird deshalb neu aufgerollt. Der frühere Fußball-Nationalspieler beklagte ein unfaires Verfahren und eine Vorverurteilung.
Dass der Weltmeister von 2014 bei seinem früheren Club zuletzt für mehrere Tage mittrainieren durfte und die Bayern einen Kurzzeit-Vertrag für ihn in Betracht zogen, sorgte für heftige Debatten. «Dass es den Sponsoren und Fans möglicherweise nicht recht ist, hätte man vorher wissen müssen», sagte Hamann und sprach von einem «Beben in der Fanszene». Der FC Bayern habe die Situation um Boateng unterschätzt.
Die Münchner boten Boateng an, sich weiter beim Rekordmeister fit zu halten. Seine körperliche Verfassung sei gut, hieß es. Zuletzt war Boateng, der bei Olympique Lyon nach zwei Jahren keinen neuen Vertrag erhalten hatte, vereinslos. Deshalb hätte er auch außerhalb der Transferperiode verpflichtet werden können.