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Gewerkschaften aggressiv vor Tarifverhandlungen

Ulrich Silberbach
Ulrich Silberbach ist Bundesvorsitzender des dbb Beamtenbunds.

Kurz vor den Tarifverhandlungen im öffentlichen Sektor kämpften die Gewerkschaften. „Die Mitarbeiter wollen Taten sehen“, sagte Ulrich Silberbach, Präsident des Beamtenbundes dbb, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Verdi-Chef Frank Werneke betont, dass sich Mitarbeiter nicht mit warmen Worten überreden lassen. Die Verhandlungen für mehr als 2,5 Millionen Bundes- und Kommunalbedienstete beginnen an diesem Dienstag in Potsdam. Bundesweite Warnstreiks sind möglich.

Einkommen für Müllsammler, Erzieher, Krankenschwestern, Anwälte und Busfahrer etc. wird ausgehandelt. Tausende Berufe sind betroffen – darunter Feuerwehrleute, Altenpfleger, Klärwerker, Förster und Ärzte. Die Auswirkungen des Streiks auf die Bürger dürften entsprechend groß sein.

Wanger dürfte auf breiter Front streiken

Zu Beginn des Jahres hat Werneke von einem ungewöhnlich hohen Engagement der Belegschaft in dieser Tarifrunde berichtet. „In den fast 22 Jahren, in denen ich Mitglied des Verdi-Bundesvorstandes bin, habe ich noch nie den enormen Willen der Beschäftigten, sich aktiv an der Tarifbewegung zu beteiligen, so gespürt wie heute“, sagte Werneke der Agentur Deutsche Presse. Sobald die Verhandlung beginnt, sind die Mitarbeiter „einsatzbereit“. Werneke kündigte in der Süddeutschen Zeitung an und warnte davor, dass der Streik “den gesamten öffentlichen Dienst” treffen werde.

Kliniken, Kitas, Nahverkehr und Sparkassen sind auch in der Abschlussrunde der Tarifverhandlungen zwischen Bund und Kommunen im Jahr 2020 von Streiks und Protesten betroffen. Warnstreiks fielen damals milder aus als zuvor, vor allem wegen der Corona-Pandemie-Vorsorgemaßnahmen.

Mehr als zehn Prozent fordern

Verdi und dbb fordern eine Einkommenssteigerung von 10,5 %, aber mindestens 500 Euro monatlich. Der Kommunale Arbeitgeberverband (VKA) hat die Umsetzung bereits nach der Aufforderung im Oktober als „einfach unbezahlbar“ bezeichnet. VKA-Vorsitzende Karin Welge, SPD-Bürgermeisterin Gelsenkirchen: „Angesichts der aktuell hohen Inflation verstehen wir die Sorgen der Arbeitnehmer, aber auch die kommunalen Arbeitgeber befinden sich in einer äußerst schwierigen Lage.“

Bundesinnenminister zufolge Nancy Faeser (SPD), die die Verhandlungen für die Bundesregierung leitet, sagte am Montag in einer Erklärung: “Die Forderungen der Gewerkschaften sind hoch und sie sehen sich mit knappen Budgets konfrontiert, insbesondere in den Kommunen.”

Inflation und Druck für Reformen

Zu den besonderen Umständen dieser Verhandlungen gehören neben der Inflation auch Krisen, die zu einer erhöhten Nachfrage seitens des öffentlichen Sektors führen. „Die Liste der Reformen zu Lasten der kommunalen Beschäftigten ist lang“, sagt Welger von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Höhere und erweiterte Wohngeld- und Staatsbürgerschaftsbeihilfen, die am 1. Januar eingeführt wurden, bedeuten mehr Arbeitsplätze.

Werneke sieht auch keinen Anlass zur Entspannung, da der Inflationsdruck in diesem Jahr voraussichtlich etwas geringer ausfallen wird als 2022. Der Verdi-Chef bestätigte der Süddeutschen Zeitung, dass die Reallöhne ohne die Erhöhung um bis zu 14 Prozent schrumpfen würden. Anfang des Jahres ging er noch von 16 % aus.

Mit einem Wachstum von 7,9 % erlebte die deutsche Bevölkerung im vergangenen Jahr den stärksten Preisschock seit Bestehen der Bundesrepublik. Bundeswirtschaftsminister Robert Harbeck (Grüne) will nun bis Jahresende eine Inflation von unter fünf Prozent.

Kosten für Kommunen und Bund in Milliardenhöhe

Weitere Forderungen der Gewerkschaft beinhalten Zwölfmonatsfristen. Auszubildende, Studenten und Praktikanten sollen monatlich zusätzlich 200 Euro erhalten. dbb-Chef Silberbach hat in der ersten von drei geplanten Gesprächsrunden ein konkretes Angebot gefordert. Aus Sicht der Gewerkschaft sollten die Ergebnisse der Tarifverhandlungen kompromisslos an Beamte, Richter und Soldaten weitergegeben werden. Für Beschäftigte des Bundes und der Kommunen geht es um Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Nach Angaben des VKA belaufen sich die erforderlichen Lohnerhöhungskosten für die kommunalen Arbeitgeber auf rund 15,4 Milliarden Euro. Dies würde laut Innenministerium zu Mehrkosten von jährlich rund 1,4 Milliarden Euro für den Bund führen, beziehungsweise 4,7 Milliarden Euro bei Umlage auf Beamte, Richter und Soldaten. Eine dritte Gesprächsrunde, die voraussichtlich entscheidend sein wird, ist für den 27. bis 29. März geplant.

Der Deutsche Städtetag forderte einen “maßvollen” Abschluss. Geschäftsführer Gerd Landsberg warnte die Zeitung der Funke Mediengruppe vor einer dramatischen Entwicklung der Finanzlage der Gemeinde. „Natürlich müssen die Löhne steigen, weil auch die Arbeitnehmer von der hohen Inflation betroffen sind“, sagte er, „aber gleichzeitig sollte ein Fokus auch darauf liegen, die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern, etwa durch flexiblere Arbeitszeitmodelle ist möglicherweise mehr Teilzeitbeschäftigte davon zu überzeugen, mehr Stunden zu arbeiten.“

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