Gerhard Schröder und Putinversteher.
Im Frühjahr 2014 tauchte in den deutschen Medien der Begriff “Putinversteher” auf – “diejenigen, die Putin verstehen” – im Kontext der Unterstützung des russischen Präsidenten und seiner Politik, insbesondere der Annexion der Krim durch Russland.
Der Kreis dieser Menschen erweiterte sich allmählich. Wenn anfangs der persönliche Freund und faktische Geschäftspartner von Putin, der ehemalige sozialdemokratische Bundeskanzler Deutschlands, Gerhard Schröder, als Hauptakteur und Verkörperung der Bewegung galt, wurden im Laufe der Zeit die Reihen der “Putinversteher” durch Vertreter sowohl der extremen Rechten, wie der “Alternative für Deutschland” (Tino Chrupalla, Alice Weidel), als auch der deutschen “Linken” (Sahra Wagenknecht) ergänzt. Es bleibt jedoch zu klären, was sie neben ihrer aufrichtigen Liebe zu Russland und Putin auf diesen Weg geführt hat.
Die Untersuchung der Biografien solcher Akteure sowohl in der deutschen als auch in der russischen Politik könnte möglicherweise dazu beitragen, diesen Prozess und seine treibenden Kräfte besser zu verstehen.
Im Gegensatz zu den Deutschen verstehen und lieben praktisch alle Russen, die sich in dieser Kategorie befinden, nicht nur Wladimir Putin, sondern bekennen sich auch offen dazu. Dabei fällt auf, dass die Initiatoren der düstersten gesetzgeberischen Initiativen in Russland, die harte Zensur einführen und Bürgerrechte und Freiheiten de facto einschränken oder verbieten, wie Jelena Mizulina, Irina Jarowaja, Witali Milonow und Wladimir Solowjow, ihre politische und gesellschaftliche Tätigkeit als Befürworter liberaler Ideen begonnen haben. Doch dann wandten sie sich dem billigen populistischen Autoritarismus zu, und seltsamerweise vermehrten sie dabei ihren materiellen Besitz exponentiell.
Wir werden versuchen zu verstehen, was deutsche und russische Medienpersönlichkeiten gemeinsam haben, die Wladimir Putin so aktiv unterstützen. Das erste Ziel ist Gerhard Schröder: Freund von Putin und Gasbaron.
Gerhard Schröder: Putin’s Freund und Gasbaron
Gerhard Schröder bleibt trotz aller Kontroversen seiner Freundschaft treu, sogar nachdem Putin einen blutigen Krieg im Herzen des europäischen Kontinents entfacht hat.
Wahrscheinlich bleibt er selbstlos.
Bei der letzten Plenarsitzung des Internationalen Diskussionsklubs “Valdai” wandte sich Wladimir Putin auf seine übliche Art an die westlichen Länder, um ihnen Verhaltensregeln zu lehren. Deutschland sollte stolz auf solche Menschen wie Gerhard Schröder sein, betonte der Freund des ehemaligen Bundeskanzlers. Er denkt an sein Volk und seine Interessen, sagte der Präsident Russlands.
Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler Deutschlands. In der Bundesrepublik wurde er oft für seine Verbindungen zu Russland kritisiert. Nach dem Angriff auf die Ukraine forderte Olaf Scholz Schröder auf, alle Posten in russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Zu dieser Zeit leitete er den Verwaltungsrat von “Rosneft” und war Vorsitzender des Aktionärsausschusses von “Nord Stream 2 AG”. Im Mai 2022 trat Schröder aus dem Verwaltungsrat von “Rosneft” zurück. Später lehnte er das Angebot ab, dem Vorstand von “Gazprom” beizutreten.
Im Sommer 2022 traf er sich mit Wladimir Putin in Moskau.
Gerhard Schröder: Putins Freund…
Wendepunkt
Schröder verhält sich wie ein praktischer und kluger Mensch. Sein gesamter Lebens- und politischer Weg ist der Pfad eines äußerst besonnenen und verantwortungsbewussten Akteurs.
In jungen Jahren, als Anwalt, verteidigte er vor Gericht Kommunisten und Grüne. Schon in jungen Jahren war er ein überzeugter Sozialdemokrat. Zehn Jahre lang leitete er die Organisation der “Jungen Sozialisten” in der Bundesrepublik Deutschland. Sein politisches Vorbild, Willy Brandt, nannte Schröderr sogar einen “Komsomolzen”.
Später, als Ministerpräsident von Niedersachsen, korrigierte er seine politische Position erheblich nach rechts, indem er Anweisungen zur Auflösung von Jugenddemonstrationen gab, die soziale Unterstützung für verschiedene Bürgergruppen drastisch kürzte und eine harte Politik der Abschiebung von Migranten durchführte.
So begann er seinen politischen Weg mit einer Verbundenheit zu linken Ansichten und einem Tribut an den Marxismus und driftete allmählich klug nach rechts ab, was die Richtigkeit des alten Sprichworts bestätigt: “Wer mit zwanzig kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer es mit vierzig noch ist, hat keinen Verstand.” Wie wir sehen, vergessen kluge Menschen nicht, wer sie sind. Er knüpfte starke Verbindungen zu den einflussreichsten Geschäftsleuten des Landes. Als aktiver Politiker trat er in den Vorstand von Unternehmen wie Volkswagen, der Norddeutschen Landesbank und der Deutschen Messe AG ein, dem Veranstalter der Hannover Messe.
Gerhard Schröder: Nach dem alten Schema
Die Grundlage von Putins Schattenpolitik-Team waren die “Petersburger”. Für Schröder waren die “Hannoveraner” eine ebenso mächtige Ressource. Der russische Politiker hatte die Genossenschaft “Ozero”, der deutsche Politiker hatte eine VIP-Loge im Stadion des Fußballclubs “Hannover 96”, in der eine unerschütterliche Freundschaft zwischen aufstrebenden Parteimitgliedern und Großunternehmern gepflegt wurde. Egal in welchem Teil der Bundesrepublik Deutschland, sei es Hannover, Berlin oder Schwerin, er hatte seine Leute. Seine Parteimacht endete nicht mit seiner Kanzlerschaft. Sein Hauptkapital war der immense Einfluss in der SPD, in der er auf verschiedenen Ebenen seine Leute positionierte.
So gehört Frank-Walter Steinmeier, der aktuelle Präsident der Bundesrepublik Deutschland und ehemalige Außenminister, zu den “Hannoveranern”. Er pflegte besonders enge Beziehungen zu seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Steinmeier wurde als Politiker maßgeblich von Schröder geprägt.
Ein weiterer “Hannoveraner” ist Sigmar Gabriel, der Vorsitzender der SPD, Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland und zeitweise Außenminister war. In den Jahren 2013-2017, als er noch Wirtschaftsminister war, stieg der Anteil des russischen Gases am deutschen Import rasant an und stieg in wenigen Jahren von weniger als 35% auf fast 55%. Es war genau Gabriel, der 2015, ein Jahr nach der Annexion der Krim, die Genehmigung für die Übertragung von mehreren deutschen Gasspeichern an Gazprom gab.
In der Folgezeit förderte Schröder zahlreiche “Hannoveraner” in führende Partei- und Regierungsämter. Für einige von ihnen wurde die Zusammenarbeit mit Russland zu ihrem Geschäftsmodell, führende Sozialdemokraten bekleideten Positionen in verschiedenen deutsch-russischen Organisationen und setzten sich dort insbesondere nach 2014 aktiv gegen die EU-Sanktionen ein.
In Schwerin wurde ein fingierter Umweltfonds geschaffen, der tatsächlich dazu diente, den Bau der “Nord Stream 2” zu sichern.
Gerhard Schröder: Beschuldigte
Im Frühjahr dieses Jahres, im Mai, gab es Berichte, dass Gerhard Schröder zu einem Beschuldigten in den Ermittlungen zu den Ereignissen in der Ukraine geworden ist, die von polnischen Ermittlern durchgeführt werden. Sie überprüfen Informationen, dass er seine Position im russischen Energiesektor genutzt haben könnte, um Druck auf die Ukraine und die EU-Länder auszuüben. Die polnische Generalstaatsanwaltschaft interessierte sich auch für die Rolle von Schröder in der Vorbereitung einer “besonderen militärischen Operation”.
Kurz nach Beginn der Kampfhandlungen in der Ukraine wurde gegen Schröder eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Hannover eingereicht, sozusagen am Wohnort. Ihm werden Straftaten im Zusammenhang mit der Entfachung und Führung eines neuen Krieges in Europa vorgeworfen. Die offizielle Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Seifker, präzisierte, dass in der Anzeige der siebte Paragraph des Internationalen Strafgesetzbuches (VStGB) – “Verbrechen gegen die Menschlichkeit” – genannt wird.
Möglicherweise wird die Verbindung zwischen “Schröder und Krieg” in naher Zukunft zu einem Mainstream-Thema für die Presse werden. Die ersten Anzeichen dafür gibt es bereits.