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Gallner: Trotz Corona-Extremlage keine Klagewelle

Inken Gallner
Inken Gallner, Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (BGA), spricht.

Bundesarbeitsgerichte haben auf die Pandemie im vergangenen Jahr mit Kurzarbeit, Homeoffice, Test-, Masken- und Quarantänepflicht reagiert – doch die befürchtete Flut an juristischem Gerangel blieb aus. „Es hat keine große Klagewelle gegeben“, sagte Inken Gallner, Leiterin des Bundesarbeitsgerichts der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Auch von den Arbeitsgerichten habe sie kein Signal bekommen, dass sich das in diesem Jahr ändern würde.

“Es zeigt sich, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sehr gut auf die Corona-Pandemie reagiert und in dieser Extremsituation tragfähige Lösungen gefunden haben”, sagte Galner, der als Mitglied des Obersten Arbeitsgerichts Deutschlands tätig war. Fast ein Jahr lang. „In der Krise scheint die Sozial- und Unternehmenspartnerschaft gut zu funktionieren.“ Rechtsstreitigkeiten gebe es größtenteils nicht.

Außerdem haben besondere Kurzarbeits- und Insolvenzregelungen während der Pandemie dafür gesorgt, dass es zu keinen Massenentlassungen und zahlreichen Klagen wegen missbräuchlichen Kündigungsschutzes kommt. Die Verlagerung Zehntausender Mitarbeiter ins Homeoffice und die Beschleunigung der Digitalisierung von Arbeitsprozessen ist offenbar relativ unproblematisch verlaufen.

„Die Erfahrung, von zu Hause aus zu arbeiten, hat die Vorstellung von Anwesenheitspflicht, die in der Vergangenheit existierte, verändert“, sagte Galner. Dies wird sich auch nach der Pandemie auf den Arbeitsalltag auswirken, ebenso wie die zunehmende Digitalisierung der Arbeit, die arbeitsgerichtlich bislang weniger Beachtung findet als erwartet. «Oft geht es um Datenschutz. Das Bundesarbeitsgericht wird sich weiterhin mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten befassen. Auch beim Europäischen Gerichtshof haben wir Rechtsfragen eingereicht. »

Galner sagte, dass einige arbeitsrechtliche Fragen, die während der Epidemie aufgetreten sind, nun grundlegend gelöst wurden. Das gilt unter anderem für die Frage, ob Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Corona-Tests vorschreiben dürfen. Für einen Orchestermusiker aus München waren sich die Richter einig – die Prüfpflichten müssten verhältnismäßig sein und die Interessen beider Parteien abwägen. Sollte die Corona-Infektion wieder stark zunehmen, ist das Urteil dennoch aktuell. Der Oberste Gerichtshof hat zudem entschieden, dass Corona-Prämien nicht eingezogen werden dürfen.

Das betrifft aber auch Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten – ein Urteil, das für die Situation in China nach wie vor relevant ist. Demnach müssen Arbeitgeber, wenn sie strengere Quarantäneregeln erlassen, als die Behörden vorschreiben, ihre Angestellten weiter bezahlen. Bundesarbeitsrichter haben einen weiteren Fall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht: Ob gewährter Urlaub im Fall der plötzlichen Coronavirus-Quarantäne angerechnet werden muss.

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