Der Dirigent Daniel Barenboim sieht für eine dauerhafte Lösung im Nahen Osten die Notwendigkeit einer Annäherung zwischen Israel und Palästinensern. «Die Israelis werden dann Sicherheit haben, wenn die Palästinenser Hoffnung spüren können, also Gerechtigkeit», schrieb der 80-Jährige in einem Beitrag für die «Süddeutsche Zeitung» (Samstag). «Beide Seiten müssen ihre Feinde als Menschen erkennen und versuchen, ihre Sichtweise, ihren Schmerz und ihre Not nachzuempfinden. Israelis müssen auch akzeptieren, dass die Besetzung Palästinas damit nicht vereinbar ist.»
Barenboim verurteilte erneut klar den Angriff auf Israel. «Die barbarischen, terroristischen Akte der Hamas gegenüber Zivilisten, darunter Kinder und Babys, sind durch nichts zu rechtfertigen.»
Aus Sicht des Musikers ist der israelisch-palästinensische Konflikt kein politischer Konflikt, zwischen zwei Staaten über Grenzen, Wasser, Öl oder andere Ressourcen. «Es ist ein zutiefst menschlicher Konflikt zwischen zwei Völkern, die Leid und Verfolgung kennen.» Barenboim erinnerte an die historische Entwicklung mit dem Anspruch zweier Völker auf dasselbe Land. «Der Konflikt war somit unausweichlich, und seit seinem Beginn haben sich die Fronten über Generationen nur weiter verhärtet.»
Barenboim verwies auf die Erfahrungen mit dem von ihm und dem amerikanisch-palästinensischen Autor und Literaturkritiker Edward Said (1935-2003) 1999 gegründeten West-Eastern Divan Orchestra, das sich in der Berliner Barenboim-Said-Akademie aus jungen Musikerinnen und Musikern der Region zusammensetzt. «Wir beginnen und enden alle noch so kontroversen Diskussionen mit dem grundsätzlichen Verständnis, dass wir alle gleichwertige Menschen sind, die Frieden, Freiheit und Glück verdienen», schrieb der Dirigent.
Der in Argentinien als Kind russisch-jüdischer Auswanderer geborene Barenboim, der sowohl einen israelischen Pass wie auch ehrenhalber eine nicht offizielle palästinensische Staatsbürgerschaft besitzt, hat sich in der Vergangenheit mehrfach zur Entwicklung im Nahen Osten geäußert und eine Annäherung beider Seiten gefordert.
Barenboim trat Anfang des Jahres gesundheitsbedingt nach drei Jahrzehnten als Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden zurück.