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Früherer Wirecard-Aufsichtsratschef verlor 616.000 Euro

Der frühere Wirecard-Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann hat im Zuge der Pleite des Skandalkonzerns Wertpapierverluste in Höhe von 616.000 Euro erlitten. Diese Zahl nannte Eichelmanns Rechtsbeistand am Donnerstag im Münchner Wirecard-Prozess bei der Zeugenvernehmung des Managers.

Gefragt hatte Alfred Dierlamm, der Verteidiger des wegen mutmaßlichen Milliardenbetrugs angeklagten Vorstandschefs Markus Braun. Eichelmann hätte seine Verluste lieber für sich behalten: «Dazu mache ich keine Angabe», sagte er zunächst. Erst nach Wortgefecht, Aufforderung durch den Vorsitzenden Richter Markus Födisch und Verhandlungspause machte Eichelmanns Anwalt die Summe publik.

Eichelmann selbst betonte, dass er während seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat keine Geschäfte mit Wirecard-Papieren gemacht und nach dem Ende seiner Tätigkeit die «Niederlegungsperiode» eingehalten habe – eine mehrmonatige Frist nach dem Ausscheiden, während derer er keine Wirecard-Papiere verkaufen durfte. Wie viele Wirecard-Aktien Eichelmann ehedem besaß, blieb unklar. Er erklärte auf mehrfache Nachfrage, das könne er nicht sagen.

Die zeitweise hoch notierten Aktien des Konzerns waren nach dem Insolvenzantrag Ende Juni 2020 nur noch Centbeträge wert. Eichelmann verkaufte mehrere Monate später im November 2020.

Der heute 58 Jahre alte Unternehmensberater war von Juni 2019 bis August 2020 Aufsichtsrat bei Wirecard, den Vorsitz hatte er im Januar 2020 wenige Monate vor der Insolvenz.

Hauptthema der zweitägigen Zeugenvernehmung Eichelmanns waren nicht die Aktienverluste, sondern die Geschehnisse in den Monaten vor dem Kollaps. Der Hauptvorwurf gegen den früheren Vorstandschef Braun und seine zwei Mitangeklagten ist der gewerbsmäßige Bandenbetrug, mit Milliardenschaden für die kreditgebenden Banken.

Betrugsvorwürfe gegen Braun brachte Eichelmann nicht vor, in einem kleinen Punkt stützte er die Aussagen des seit drei Jahren in Untersuchungshaft sitzenden österreichischen Managers: Demnach sprach sich Braun im Sommer 2019 wegen der von der Londoner «Financial Times» erhobenen Manipulationsvorwürfe selbst für eine unabhängige Sonderprüfung der Wirecard-Bilanzen aus. «Herr Dr. Braun hat das mitbetrieben», sagte Eichelmann.

Bislang stand im Raum, dass Braun diese Untersuchung abgelehnt oder sabotiert haben könnte. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG förderte dann im April 2020 allerdings ein Ergebnis zutage, das Braun nicht passte: Wirecard konnte für eine Milliarde in der Bilanz verbuchter Erlöse keine ausreichenden Belege vorweisen.

In der vom Aufsichtsrat geforderten Börsenpflichtmitteilung veröffentlichte Braun jedoch nicht dieses Prüfungsergebnis. Stattdessen erklärte Braun zum Entsetzen Eichelmanns und der übrigen Aufsichtsräte, die Prüfer hätten keine Belege für Bilanzmanipulation gefunden. Diese irreführende Information an Aktionäre und Kapitalmarkt ist nun einer der Anklagepunkte. Braun bestreitet seit Beginn des Prozesses im vergangenen Dezember sämtliche Vorwürfe.

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