zum Inhalt

Forscher weisen Beschwerden der Restaurantbranche zurück

Rückerstattung 19 % Mehrwertsteuer

In Großstädten haben sich Restaurants einer IFO-Studie zufolge nach der Pandemie wieder erholt..aussiedlerbote.de
In Großstädten haben sich Restaurants einer IFO-Studie zufolge nach der Pandemie wieder erholt..aussiedlerbote.de

Forscher weisen Beschwerden der Restaurantbranche zurück

Viele Restaurants leiden immer noch unter den Auswirkungen der Epidemie. Durch die Rückkehr zu den regulären Mehrwertsteuersätzen sehen sie sich erneut in ihrer Existenz bedroht. Allerdings halten die Behauptungen der Industrie einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand.

Die Gastronomiebranche geht davon aus, dass zahlreiche Betriebe sterben und die Gästepreise sinken werden. Der nächste Streit innerhalb der Ampel-Allianz ist nun in vollem Gange. Denn die Senkung der Gewerbesteuer endet zum Jahresende. Bundeskanzlerin Manuela Schwesig will dies im Bundesrat verhindern und verweist auf die Schwierigkeiten, mit denen Restaurantbesitzer aufgrund der hohen Energie- und Lebensmittelpreise konfrontiert sind. Wissenschaftliche Untersuchungen haben die vorhergesagten Schreckensszenarien jedoch nicht bestätigt. Ökonomen sagen, dass es zumindest Teilen der Gastronomie besser geht als behauptet. Sie halten weitere Subventionen für ungerecht.

Die Branche war der größte Verlierer von COVID; rund 25.000 Unternehmen mussten innerhalb von zwei Jahren dauerhaft schließen. Und das trotz staatlicher Hilfen wie Zuschüsse und Kredite, Kurzarbeitergeld und nicht zuletzt einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von 19 % auf 7 %. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes blieben die Umsätze in der Gastronomie im ersten Halbjahr 2023 inflationsbereinigt bei 12 % im Vergleich zum Vorkrisenniveau im Jahr 2019. Laut einer Studie des IFO-Instituts haben sich die Großstädte jedoch erholt und die Verkaufspreise liegen über dem Vor-Covid-Niveau. In den untersuchten Städten wie Berlin, München, Hamburg, Stuttgart und Dresden verlagerten sich einige Verkäufe in die Vororte und an Wochenenden, was die Forscher auf die Beliebtheit von Homeoffice zurückführen.

Restaurants erhöhen die Preise erheblich

Außerdem sind die Preise in der gesamten Branche trotz einer Senkung der Mehrwertsteuer schneller gestiegen als in der Wirtschaft insgesamt. „Diese Unternehmen haben es geschafft, einen Teil der gestiegenen Personal-, Lebensmittel- und Energiekosten weiterzugeben, ohne dass die Gäste abreisten“, schreiben die IFO-Forscher. Die Lebensmittelpreise in Restaurants sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mittlerweile fünf Cent teurer als im Januar 2021. Etwa eins . Im Vergleich zum Februar letzten Jahres, als der Krieg in der Ukraine ausbrach, sind die Preise um 14 % gestiegen.

Nach Einschätzung von Forschern des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim könnten die relativ hohen Preissteigerungen „eine gewisse Gewinnmarge geschaffen haben Zumindest gilt dies für einige Branchen.“ Ihrer Ansicht nach soll dieser Spielraum einen Teil des Preisdrucks durch die steigende Mehrwertsteuer auffangen. Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) sank die durchschnittliche Umsatzrendite im vergangenen Jahr auf 3,9 %.

Die Autoren der ZEW-Studie sehen darin auch einen wichtigen Grund für vorausschauende Gastronomen, die Preise zu erhöhen, da sie damit gerechnet haben, dass die Mehrwertsteuer – wie grundsätzlich angekündigt – erneut steigen wird. Daher sei die Erwartung von Preisschocks durch die vollständige Weitergabe der einheitlichen Mehrwertsteuer an die Kunden unbegründet, schreiben die Ökonomen. Aufgrund der Energiekrise wurden die Produktionskürzungen während der Epidemie bis Ende dieses Jahres verlängert. Doch im Wahlkampf 2021 versprach Bundeskanzler Olaf Scholz: „Da kommen wir nie wieder raus.“

Ein Teller Pasta kostet 1,70 Euro mehr?

Die 19 % Mehrwertsteuer werden nun vollständig an Restaurantbesucher weitergegeben, Pasta kostet beispielsweise derzeit 15 Euro, bald sollen es 16,68 Euro sein. Der aktuelle Preis könnte um 11,2 % steigen. DIW-Ökonom Marcel Fratzscher rechnet mit Preissteigerungen von rund 10 %: „Von der derzeitigen Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie um 12 Prozentpunkte werden voraussichtlich 70 bis 80 Prozent an die Kunden weitergegeben.“

Da aber noch nicht klar ist, welcher Anteil letztendlich an die Kunden weitergegeben wird, wollten die ZEW-Forscher nicht abschätzen, wie stark der Branchenumsatz und die Anzahl der Unternehmen dadurch sinken könnten. So erklärte Co-Autorin Daniela Steinbrenner im Interview mit ntv.de. Der DEHOGA rechnet mit Schließungen von 12.000 Betrieben. „Eine genaue Einschätzung der Filialschließungen hängt unter anderem davon ab, inwieweit die Gastronomen bisher Preissteigerungen in ihren Preiskalkulationen berücksichtigt haben“, sagte Steinbrenner.

ZEW Economics jedenfalls niemand hält eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für gerechtfertigt. Unternehmenssteuerexperten erklären, dass es sich hierbei um eine Steuersubvention handele, die „derzeit zu Steuerausfällen von bis zu 3 Milliarden Euro pro Jahr führt“. „Bei dauerhafter Verlängerung werden diese Kosten mit steigendem Nominalumsatz der Branche weiter steigen. In den nächsten zehn Jahren werden die Gesamtkosten voraussichtlich etwa 38 Milliarden Euro betragen, die durch höhere Steuern oder Ausgaben an anderer Stelle ausgeglichen werden müssen.

Mehrwertsteuersenkungen kommen den Reichen zugute

In ländlichen Gebieten ist die Gastronomie in einer viel schlechteren Situation als in Großstädten. Da der Gesamtumsatz der Branche immer noch niedriger als vor COVID-19 ist, aber höher als diejenigen mit starker Kaufkraft. In Ballungsräumen haben viele Restaurants immer noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. „Einige ländliche Gebiete außerhalb der Ballungsräume haben sich noch nicht erholt“, sagte IFO-Studienautorin Carla Krolage gegenüber ntv.de. „

Nach Ansicht von Ökonomen wie Monika Schnitzer oder Fratzscher ist dies jedoch bereits der Fall. Sobald die Epidemie vorbei ist, entfallen die Gründe für eine Senkung der Mehrwertsteuer. Änderungen in der Branchenstruktur sollten nicht mehr gelten begleitet von dauerhaften Subventionen. ZEW-Bereichsleiter Friedrich Heinemann nannte die „Lobby der Gastronomie und des Großhandels“ „laut und aggressiv“. „Sehr teure Konzessionen“ seien ein „gesellschaftliches Problem, weil es besonders den Reichen zugute komme“.

Denn DEHOGA bezieht sich auf Durchschnittsverdiener, die durchschnittlichen Ausgaben für einen Restaurantbesuch steigen jedoch mit dem Haushaltseinkommen. Das bedeutet, dass wohlhabende Haushalte von einer niedrigeren Mehrwertsteuer mehr profitieren als wohlhabendere Haushalte. Eine deutliche Entlastung sahen die Forscher lediglich bei der Verpflegung in Schulen und Kindergärten . Dort profitierten ärmere Eltern von geringerer Mehrwertsteuerunterstützung, ebenso wie ihre wohlhabenderen Kollegen.

„Das Verschwinden von Landgasthöfen ist ein langfristiger Trend.“

In den meisten EU-Mitgliedstaaten reduziert Für die Gastronomie gelten Mehrwertsteuersätze. ZEW-Ökonomen gehen jedoch nicht davon aus, dass deutsche Unternehmen dadurch benachteiligt werden, dass sie lokales Servieren anbieten.Auch andere Argumente zur Senkung der Inflation, etwa der Mangel an Fachkräften und Kulturgütern in der Gastronomie, ließen die Wissenschaftler nicht gelten.

Der Arbeitskräftemangel betrifft die gesamte deutsche Wirtschaft. „Durch die Subventionierung bestimmter Branchen werden Probleme nur zwischen den Branchen verlagert.“ Darüber hinaus wird die Mehrwertsteuerlücke „den Druck für Erhöhungen anderer Steuern wie der Einkommensteuer erhöhen, was den Arbeitskräftemangel aufgrund der weiteren Reduzierung der Leistungsanreize weiter verschärfen wird.“

Forscher Sie sind auch nicht davon überzeugt, dass eine Senkung der Mehrwertsteuer Restaurants in Innenstädten und Dörfern retten könnte, die nicht mehr von vielen Menschen besucht werden. „Das Verschwinden von Landkneipen ist ein langfristiger Trend, der letztlich Veränderungen in Vorlieben und Lebensstilen widerspiegelt“, schreiben die Autoren. „Steuersubventionen sollten mit substanziellen Argumenten begründet werden, die auch durch empirische Belege untermauert werden.“

Wie CSU-Vorsitzender Markus Söder monierte, gehen Wirtschaftsexperten davon aus, dass der Vorwurf, dass die Mehrwertsteuererhöhung die Inflation ankurbelt, zunimmt ist falsch. Der Chefökonom der Bank ging von einem Inflationsrückgang von 0,1 bis 0,2 Prozentpunkten aus. ZEW-Forscher argumentieren jedoch, dass es aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wenig sinnvoll sei, auf Preissteigerungen mit Subventionen zu reagieren. Denn subventionierte Gastronomieangebote können den privaten Konsum fördern. Wissenschaftler erklären, dass die EZB zwar versucht, die Nachfrage und damit den Inflationsdruck durch Zinserhöhungen einzudämmen, die Finanzpolitik jedoch nicht das Gegenteil bewirken sollte. Obwohl die Epidemie vorbei ist, werden „kostspielige Krisenmaßnahmen“ letztendlich kontraproduktiv für die langfristige Preisstabilität sein.

Quelle: www.ntv.de

Kommentare

Aktuelles