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Flaute bei Börsengängen auf deutschem Parkett

Frankfurter Börse
Der deutsche Bulle wird in den vergangenen Jahren öfter gemieden. Auch der Schuhhersteller Birkenstock entschied sich für einen Börsengang in New York.

Wenn der deutsche Schuhhersteller Birkenstock an die Börse geht, dann nicht am Finanzplatz Frankfurt, sondern an der Wall Street. Auch sonst fällt die Bilanz zu Börsengängen der vergangenen Jahre in Deutschland eher mau aus. Manch ein Unternehmen zog sich zuletzt sogar vom Frankfurter Parkett zurück. Experten zufolge könnte aber ein Wendepunkt erreicht sein.

Warum geht Birkenstock in den USA an die Börse?

Der Traditionshersteller Birkenstock mit Hauptsitz in Linz am Rhein hat für seine Notierung die New Yorker Börse NYSE gewählt. Experten werteten die Entscheidung als Niederlage für den Finanzplatz Frankfurt. Ausschlaggebend soll die größere Liquidität jenseits des Atlantiks sein – das bedeutet: Die Chance ist höher, die Aktien zu einem möglichst hohen Preis loszuwerden. Zudem sind Nord- und Südamerika für Birkenstock die wichtigsten Regionen, gefolgt von Europa. Zum Handelsstart am Mittwoch legte Birkenstock den Ausgabepreis in der Mitte der zuvor beschlossenen Spanne auf 46 Dollar fest.

Wie stand es zuletzt um Börsengänge in Deutschland?

In den vergangenen zwei Jahrzehnten war die Zahl der Börsengänge in Deutschland rückläufig. Zur Jahrtausendwende hatte die Dotcom-Blase für einen regelrechten Boom an IPOs (initial public offering; Erstnotiz) gesorgt, mit jährlich dreistelligen Börsendebüts im gesamten regulierten Markt. Im anforderungsreichsten Prime Standard zählt die Deutsche Börse seit 1997 in ihrer Statistik 165 Neuemissionen. Allein 22 davon erfolgten im Jahr 1999, weitere 24 im Jahr darauf. Seitdem war das erfolgreichste Jahr bislang 2006 mit immerhin 16 neuen Unternehmen. Aber: Auch die Kapitalmärkte in den USA und Großbritannien haben deutliche Rückgänge verzeichnet. Als Gründe nennen Experten Fusionen, hohe administrative und regulatorische Hürden sowie alternative Wege zur Kapitalbeschaffung.

Welche Firmen haben zuletzt das deutsche Börsenparkett verlassen?

Mit Linde hat sich Anfang des Jahres das vormals wertvollste Mitglied im Leitindex Dax von der Frankfurter Börse verabschiedet. Bis dato waren die Aktien des Industriegase-Konzerns sowohl in New York als auch in Frankfurt notiert. Die Struktur dieser doppelten Börsennotierung habe die Bewertung der Aktien durch die europäischen Beschränkungen und die zusätzliche Komplexität eingeschränkt, hieß es zur Begründung.

Zudem werden bald wohl zwei weitere Unternehmen der Frankfurter Börse den Rücken kehren, wenn auch aus einem anderem Grund: Der Finanzinvestor Cinven will den Labordienstleister Synlab komplett übernehmen. Der Großaktionär hatte das Unternehmen erst im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht. Der Ausgabepreis betrug damals 18 Euro, die Bewertung lag damit bei rund vier Milliarden Euro. Vor der Übernahmeofferte war es noch nicht mal mehr die Hälfte. Die Geschichte ähnelt dem Übernahmeangebot des Investors EQT für Suse. Der Softwareanbieter war ebenfalls im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht worden, ehe EQT in diesem Jahr die Rolle rückwärts einleitete. Als Grund wurden geschäftliche Probleme genannt. Der Aktienkurs von Suse hat sich seit dem Börsengang gedrittelt.

Welche Börsengänge gab es bislang 2023 in Deutschland?

Im Juli wagte Nucera, die Wasserstofftochter von Thyssenkrupp, den Schritt aufs Parkett. Ende September folgte dann mit Schott Pharma der bislang größte deutsche Börsengang in diesem Jahr. Anfang Oktober wollte zudem der Rüstungszulieferer Renk den Schritt wagen. Doch der Plan wurde in letzter Minute abgeblasen. Als Grund wurde das eingetrübte Marktumfeld genannt. Informierten Personen zufolge verlief bereits der Versuch schleppend, die Aktien zu verkaufen. In den Tagen vor dem Stichtag hatte sich dann die Stimmung an den Börsen zunehmend verschlechtert. Renk und seine Eigentümerin, die Beteiligungsgesellschaft Triton, prüfen nach eigenen Angaben die Option eines Börsengangs zu einem späteren Zeitpunkt.

Wie sehen Experten die künftige Entwicklung?

Marktexperten sehen mit den 2023 bereits erfolgten IPOs einen Wendepunkt erreicht. Die Unternehmensberatung PWC erwartet, dass weitere Unternehmen folgen werden. Aus gelungenen Börsengängen könnte sich eine Aufwärtsspirale ergeben, meint auch Ben Laidler, Marktanalyst bei eToro, einer Netzwerkplattform für Investmentthemen. «Das erhöhte Interesse an IPOs könnte dazu führen, dass mehr Unternehmen Kapital aufnehmen möchten, was den IPO-Markt insgesamt belebt.» Erfolgreiche Börsengänge könnten demnach das Image Deutschlands als attraktiver Markt für Investitionen stärken. Als nächstmögliche IPO-Kandidaten werden der Tankkarten-Anbieter DKV und für Anfang 2024 der Parfüm- und Kosmetik-Einzelhändler Douglas sowie der Mobilitätsanbieter Flix gehandelt.

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