Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will stationäre Grenzkontrollen für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz anmelden. Wie am Montag aus Regierungskreisen in Berlin zu erfahren war, sollen Kontrollen der Bundespolizei direkt an der Grenze, wie es sie seit 2015 an der Grenze zu Österreich gibt, künftig auch an diesen Grenzabschnitten möglich sein. Das Bundesinnenministerium bereite ein entsprechendes Schreiben an die EU-Kommission vor. Zuvor hatte die «Welt» berichtet.
Faeser hatte zuletzt verstärkte Kontrollen in der Nähe der östlichen Grenze angekündigt und dabei die Rechtsauffassung vertreten, dass die Bundespolizei dabei punktuell – etwa, wenn man dort gerade eine Schleusung vermutet – auch direkt an der Grenze Fahrzeuge anhalten könne. Forderungen der CDU-Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster und Michael Stübgen, wies sie unter anderem mit dem Argument zurück, wer an der Grenze ein Asylbegehren äußere, könne in der Regel ohnehin nicht zurückgewiesen werden.
Schleuser sind mit stationären Kontrollen allerdings leichter zu schnappen, denn bei Kontrollen jenseits der Grenze sind sie oft schon verschwunden, wenn die Polizei die irregulär eingereisten Menschen aufgreift.
Zurückweisungen an Schengen-Binnengrenzen sind rechtlich nur dann zulässig, wenn zuvor die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission notifiziert wurde. Zurückweisungen kommen aber nur in relativ wenigen Fällen zur Anwendung, etwa wenn ein Ausländer mit einer Einreisesperre belegt ist oder wenn er keinen Asylantrag stellt.
Obwohl im Schengen-Raum eigentlich das Prinzip der offenen Binnengrenzen gilt, haben aktuell mehrere Staaten Grenzkontrollen notifiziert. Frankreich hat etwa unter Verweis auf Terror-Risiken und irreguläre Migration über die zentrale Mittelmeerroute und die sogenannte Balkanroute Kontrollen an seinen Grenzen zu Belgien, Luxemburg, Deutschland, Italien, Spanien und der Schweiz beantragt. Die Franzosen kontrollieren aber nicht überall rund um die Uhr, sondern eher punktuell und lageangepasst. So ähnlich soll es künftig wohl auch an der Grenze Deutschlands zu Tschechien, Polen und der Schweiz laufen.
Zwischen Anfang Januar und Ende September haben in Deutschland 233 744 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt, rund 73 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Viele Kommunen sehen sich, was die Unterbringung, Versorgung und Integration der Geflüchteten angeht, an der Belastungsgrenze – auch weil seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind.