Mit einer Förderung schon im Vorschulalter und systematischer Überprüfung der Leistungen von Grundschülern könnte die Lesekompetenz aus Experten-Sicht gestärkt werden. Das deutsche Bildungssystem solle etwa von Singapur, England, Tschechien, Polen, Dänemark oder den Niederlanden lernen, sagte Bildungsforscher Ulrich Ludewig am Dienstag bei einer Veranstaltung des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Uni Dortmund. Derzeit werde die Lesefähigkeit von Schülerinnen und Schülern im Unterricht kaum systematisch geprüft, Lehrkräfte nutzten überwiegend informelle Diagnostikverfahren.
Die internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu) des IFS Dortmund hatte ergeben, dass 25 Prozent der Viertklässler nicht richtig lesen und Texte nicht gut genug verstehen können. Rund 4600 Kinder waren bundesweit getestet worden. Ludewig, der selbst dem Iglu-Team angehört, kritisierte, dass es nur wenige Lernangebote über den gemeinsamen Unterricht im Klassenverband hinaus gebe. Wer spezielle Hilfe benötige, müsse auch Unterricht in kleinen Lernfördergruppen erhalten. Er plädierte zudem für eine «strukturierte Vorschule mit Lernzielen».
Lesekompetenz sei grundlegende Voraussetzung für das Lernen in allen weiteren Fächern, betonte die geschäftsführende IFS-Direktorin Nele McElvany laut Mitteilung. Die mittlere Lesefähigkeit von Viertklässlern hierzulande sei zwischen 2001 und 2021 deutlich zurückgegangen, der Abstand zwischen den stärksten und schwächsten Lesenden gewachsen. Die im Mai vorgelegten Iglu-Befunde seien auch im internationalen Vergleich als problematisch einzustufen.
Vorbilder könnten nicht eins zu eins von anderen Ländern übernommen werden, aber lehrreich sein, sagte die Iglu-Studienautorin. Vielversprechend sind aus Sicht der Expertin einheitliche und verlässliche Testverfahren zur Feststellung der Lesekompetenz sowie eine rechtzeitige Förderung in Kleingruppen oder auch auf individueller Ebene.