Der Wasserkreislauf der Erde gerät nach einem Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) infolge der Klimakrise und menschlicher Aktivitäten aus dem Gleichgewicht. Mehr als die Hälfte der Abfluss- und Zuflussmuster von Flüssen und Stauseen seien 2022 vom langjährigen Mittel abgewichen, geht aus dem Bericht «Zustand der globalen Wasserressourcen 2022» von Donnerstag hervor.
Weltweit hätten 3,6 Milliarden Menschen – mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung – mindestens einen Monat im Jahr nicht genügend Trinkwasser zur Verfügung, berichtete die WMO unter Berufung auf die UN-Organisation für Wasser. Die Zahl werde bis 2050 auf mehr als fünf Milliarden Menschen steigen.
In den meisten Fällen sei es bei Flüssen und Stauseen trockener gewesen als im langjährigen Mittel. Ähnlich sei die Lage bei der Verdunstung von Wasser aus Tier- und Pflanzenwelt sowie von Boden- und Wasseroberflächen gewesen. Europa habe im Sommer eine erhöhte Verdunstung und geringere Bodenfeuchtigkeit erlebt, bedingt durch die Trockenheit. Vielerorts kam es zu Dürren und tiefen Wasserständen: In den USA und am Horn von Afrika, ebenso an der Donau, am Rhein und am Yangtze in China, während das Flussgebiet des Indus in Pakistan extreme Überschwemmungen erlebte.
Steigende Temperaturen stören den Wasserkreislauf
Der Schnee in den Alpen, in den Anden in Südamerika und anderen hochgelegenen Gebieten blieb unter dem langjährigen Mittel, was den Abfluss in Flüsse beeinträchtigte, heißt es in dem Bericht weiter. «Die Gletscher und die Eisdecke ziehen sich vor unseren Augen zurück», sagte WMO-Chef Petteri Taalas. «Steigende Temperaturen haben den Wasserkreislauf beschleunigt – und auch gestört. Eine wärmere Atmosphäre speichert mehr Feuchtigkeit. Es kommt zu viel stärkeren Niederschlägen und Überschwemmungen. Und im entgegengesetzten Extrem gibt es mehr Verdunstung, trockene Böden und intensivere Dürren.»
Die WMO stellt aber fest, dass es nach wie vor viel zu wenig Messungen und präzise Daten zum Beispiel über Grundwasser-Reservoirs oder Feuchtigkeit in Böden gebe. Sie rief die Länder auf, dies dringend zu verbessern, um Frühwarnungen zu geben und besseres Wassermanagement einzuführen.