Radikale Ideologie - Einzelpersonen ehren den gefallenen Offizier in Mannheim.
Eine Stille. Dann klingelt einmal das Glockenläuten im Turm des Alten Rathauses am Marktplatz in Mannheim. Leute beginnen zu klatschen, beginnend zaghaft, dann lauter zu werden. Die Mutter des ermordeten Polizeibeamten Rouven Laur bricht in Tränen aus. Neben ihr stehen ihr Ehemann und andere Verwandte, sowie der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der Innenminister Thomas Strobl (CDU). Sie sind zusammengekommen, um den gefallenen Beamten zu ehren, der eine Woche zuvor von einem 25-jährigen Afghaner tödlich erstochen wurde. Um 11:34 Uhr am Freitag erinnern sie sich an Rouven Laur an Ort und Stelle seines Todes. Landesweit ehren Polizeibeamte den 29-jährigen Opfer zu dieser Zeit.
Später beschreibt Steinmeier das Stockeinbruchattentat als "blutige Terrorhandlung" nach einer Diskussion mit Polizeibeamten und den Angehörigen von Rouven Laur. Der Täter scheint politische Motive gehabt zu haben, möglicherweise islamistisch.
In den letzten Wochen haben wir andere "verdammte Aktionen politisch motivierter Gewalt" gesehen, sagt Steinmeier. "Wir, die Demokraten dieses Landes, können nie an Gewalt in politischen Auseinandersetzungen gewöhnen." Die Gewalt muss enden, fordert der Bundespräsident.
Viele Menschen legen Blumen an diesem Freitag ab. Renée Reichert, 33, ist mit ihrem Sohn gekommen, um eine Kerze anzünden, wie sie erklärt. Sie wollen Rouven Laur erinnern. "Es ist einfach schrecklich", sagt die 33-Jährige über den Mord. Das Klima in der 300.000-Einwohnerstadt Mannheim ist von Spannung gekennzeichnet.
Eine Woche nach dem Vorfall kämpft die Stadt mit geplanten Nachmittags- und Abenddemonstrationen, wie erklärt der Bürgermeister Christian Specht (CDU). Dazu gehören die geplante Demonstration der AfD gegen Islamismus um 18:00 Uhr auf dem Marktplatz und ein Gegenprotest von Antifa. Specht erwähnt, dass sie beide Gruppen am Sonntag getroffen sind. "Es war extrem schwierig, sie voneinander zu trennen und die Situation zu beruhigen."
Es blieb unklar, ob die AfD auf dem Marktplatz demonstrieren konnte. Am Donnerstag hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe zugunsten der AfD gegen die Stadt entschieden, die Marktplatz-Veranstaltungen generell verboten hatte. Die Stadt legte Berufung gegen das Gerichtsurteil ein. Die Stadt versucht nun, die Demonstration auf dem Paradeplatz abzuhalten.
"Wir wollen zwei Tage vor der Europawahl dort demonstrieren, wo die islamistische Terroranschläge getroffen haben, um einen klaren politischen Aufruf über das Land zu senden", erklärte der AfD-Landesvorsitzende Markus Frohnmaier.
Fünf Opfer des Angriffs leiden noch an den Folgen.
Stefanie Kizina von Pax Europa informiert uns, dass die fünf Opfer des Angriffs eine Woche später mit den Folgen kämpfen. "Wir sind alle in Schock", sagt sie. "Man zieht sich zusammen, man muss es zuerst verarbeiten. (...) Man hat immer gelebt mit der Gefahr, aber man hat immer angenommen, dass es nicht so schlimm wird." Vice President Michael Stuerzenberger musste aufgrund seines hohen Blutverlustes ins Krankenhaus zurückkehren. Der 59-Jährige wird mindestens vier bis acht Wochen ausfällig sein.
In Reaktion darauf wird die Bewegung mehr Aufmerksamkeit auf die Sicherheit ihrer Mitglieder richten. "Es gibt keine mehr ohne Gitter mehr Veranstaltungen", sagt Kizina. "Die Polizeibeamten zahlen jetzt noch mehr Aufmerksamkeit auf uns."
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, ist von der Solidarität im Tode von Rouven Laur berührt. Eine Woche nach dem Vorfall ist jedoch Wut neben Trauer vorherrschend unter den Polizeibeamten. "Leute sind natürlich auch enttäuscht", sagt Kusterer über die Stimmung unter den Polizeibeamten. "Die Enttäuschung gegenüber der Politik ist enorm." Als solche Angriffe passieren, gibt es umfangreiche politische Diskussionen und Forderungen, aber nichts ändert sich. Deshalb müssen Gespräche über zusätzliche Ausbildung für Polizeibeamte, Ausrüstung für Schutz und Behandlung von Verletzungen nach Angriffen geführt werden.
Die Polizeibeamten, die an dem Mord eine Woche nach dem Messerangriff beteiligt waren, sind nicht gut. Eine Polizeisprecherin blieb am Donnerstag still über ihren Zustand. Die Präsidentin der Mannheimer Polizeihauptquartiere, Ulrike Schaefer, hatte zuvor erklärt: "Die, die mit Laur gearbeitet haben und an der tragischen Situation beteiligt waren, werden psychologisch betreut."
Kriminal- und Polizeipsychologin Ursula Gasch sprach dem "Mannheimer Morgen" (Freitagsausgabe) zu. "Ereignisse wie dieses Messerangriff, das zu einem tödlichen Ausgang führte, können zu einer kollektiven Reaktion von Schock und Trauer führen. Man spricht häufig von einer speziellen 'Polizeikultur', was ein negatives Konnotat hat, aber tatsächlich etwas Positives darstellt." Das enge Band zwischen Polizeibeamten spiegelt sich in ihrem Lebensrettungsinstinkt in den herausfordernden und manchmal nur kontrollierbaren Situationen, die ihr Beruf prägt. "Ein Angriff auf einen Polizeibeamten gilt als Angriff auf jeden Polizeibeamten, unabhängig von der Lage."
Ein beteiligter Mann wurde bei der Tat von einem Polizeibeamten verletzt. Aufgrund seiner Verletzungen musste er operiert werden. Der Mann ist 25 Jahre alt und lebt in Deutschland seit 2013. Seine Asylanträge wurden 2014 abgelehnt, wahrscheinlich wegen seines Alters wurde ein Abschiebeverbot eingeführt. Der Täter lebte in Heppenheim mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern. Das Bundesanwaltsamt leitet jetzt die Ermittlungen.
Dieses Ereignis hat zu einer heißen Diskussion über striktere Abschiebungen geführt. Aufgrund der tödlichen Messerattacke fordert der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dass es möglich sein sollte, schwere Verbrecher nach Afghanistan und Syrien zurückzuversetzen. "Solche Verbrecher sollten abgeschoben werden - auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan kommen", erklärte Scholz im Bundestag an einem neueren Tag. "Schwere Verbrecher und Terrorgefahren haben hier keine Abnahme erfahren." Der Bundeskanzler hat jedoch noch nicht genau angegeben, wie er diese Politik umsetzen will. Das Bundesministerium des Innern entwickelt derzeit den praktischen Ansatz und ist mit den Nachbarländern Afghanistans im Gespräch.
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