Leerstehende Geschäfte könnten in diesem Jahr auch die Attraktivität mancher niedersächsischen Städte als Einkaufs- und Erlebnisorte weiter schmälern. Die Inflation dämpft nicht nur die Konsumausgaben vieler Kunden, sondern setzt über hohe Ladenmieten und gestiegene Energiekosten ebenfalls viele Einzelhändler unter Druck. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Niedersachsen/Bremen, Mark Alexander Krack, warnt deshalb vor einem zunehmenden Leerstand in einigen Kommunen. «Da ist schon ziemlicher Druck auf dem Kessel, was dieses Thema angeht», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Von immer mehr Mitgliedern sei zu hören, dass die Vorsicht der Verbraucher – zusammen mit mangelnden Fachkräften – zu einem oft existenziellen Faktor werde, der schlimmstenfalls Geschäftsaufgaben oder Leerstand zur Folge haben könne. «Diese Befürchtung gibt es in vielen Städten.» Die Kaufzurückhaltung sei groß, die Situation angespannt. Auch höhere Lieferkosten, die Investitionen verteuernden Zinsanstiege und die Mietentwicklung spielten eine Rolle. Von flächendeckendem Ladensterben könne jedoch keine Rede sein. «Viele sagen auch: Lasst uns erst einmal sehen, wie das erste Quartal wird.»
Dass es vor allem Ladenpassagen und Fachgeschäfte in kleineren bis mittelgroßen Orten schwer haben, ist kein neuer Trend. Allerdings kommen nach den heftigen Einbrüchen in der Corona-Krise nun weitere Lasten hinzu. «Die Kollegen in den Regionen merken den Leerstand und den Entwicklungsdruck, der noch vor uns liegt», erklärte Krack.
Größere Zentren sind nicht ausgenommen. In der Landeshauptstadt nahm der Umfang der Neuvermietungen an Handelsfirmen im abgelaufenen Jahr ab – nach Informationen der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» so deutlich wie in keiner anderen Einzelhandelsmetropole in Deutschland. Das Blatt berief sich dabei kürzlich auf eine Branchenanalyse.
Demnach gab es in einigen anderen von zehn untersuchten Großstädten 2022 auch Zuwächse in der Neuvermietung. In Hannover jedoch sank die entsprechende Zusatzfläche gegenüber 2021 um fast drei Viertel. In Städten wie Leipzig, Nürnberg oder München stieg den Daten zufolge hingegen die Nachfrage der Händler nach ergänzenden Verkaufsflächen.
Nach Einschätzung Kracks geht es nicht allein um finanzielle Fragen. Konzepte zur Belebung der City, die viele Kommunen aufgelegt haben, ließen sich oft verbessern. Man müsse achtgeben, vorhandene Flächen und Immobilien sorgsam weiterzuentwickeln. Teils komme es zu einer «Spirale nach unten», die nicht in jedem Fall passe – «erst Handel, dann Gastro, dann Systemgastro, dann der Handy-Laden, dann der Ein-Euro-Shop. Es gibt nicht mehr so viele unterschiedliche Geschäfte wie früher, wir müssen die Innenstadt also gründlicher überdenken.»
In vielen Gemeinden sind Stadtpolitik, Verwaltung, Einzelhändler, Gastronomen und Kulturbetriebe in engem Austausch, um eine bessere Verzahnung von Ideen zu erreichen. Dabei müsse es für jede Stadt eine individuelle Lösung geben, forderte Krack. «Das ist besser als kategorische Vorschläge, die für alle gelten sollen», sagte er mit Blick etwa auf Konzepte für komplett autofreie Innenstädte. «Das Thema Erreichbarkeit bleibt zum Beispiel ein ganz wichtiges.»