Eine Ausstellung im Dresdner Landhaus erinnert bis Januar 2024 an ein dunkles Kapitel in der Geschichte der städtischen Kunstsammlung – die Nazi-Schau «Entartete Kunst» vor 90 Jahren. «Dresden war Initialzündung für alles Folgende», sagte Kurator Johannes Schmidt von der Städtischen Galerie der Deutschen Presse-Agentur. Dieser ersten Präsentation, in der Werke der künstlerischen Moderne an den Pranger gestellt wurden, folgten die Münchner Schau 1937, die Beschlagnahmung der Dresdner Werke 1938 und deren Verkauf über spezielle Kunsthändler. «Sie sind verstreut in aller Welt.»
Auf Schautafeln ist nachvollziehbar, was damals passierte, «was wir verloren haben», aber auch Wiedergewonnenes wie einige Grafiken von «Brücke»-Künstlern, die in den 1950er Jahren zurückgegeben wurden, oder das Aquarell «Akt am Ofen» von Christoph Voll. Und in der ständigen Ausstellung hängt das wichtigste zurückgekehrte Werk: «Sonnenaufgang» von Otto Dix, der das 1920 dem Stadtmuseum schenkte. Es konnte 2012 aus Privatbesitz für die Sammlung zurückerworben werden.
Insgesamt wurden über 500 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, grafische Blätter und Skulpturen von Expressionisten und der abstrakten Kunst aus dem Bestand entfernt und nach Berlin gebracht. Durch Nachforschungen seit der Wende bekannt ist, dass sich etwa bedeutende Gemälde der Dresdner Sammlung heute im Museum of Modern Art New York oder der Tate Modern London befinden. Zurückfordern könne man sie nicht, sagte Schmidt. Das der Einziehung zugrundeliegende Gesetz von 1938 «wurde nie für ungültig erklärt».
Mit ihrer Sammlung der Klassischen Moderne würde die Städtische Galerie «einen herausragenden Platz in der deutschen Museumslandschaft einnehmen – wäre diese erhalten geblieben», sagte Schmidt. Immerhin, mit dem Ankauf von Ernst Ludwig Kirchners «Straßenszene» 2016 aus Privatbesitz durch die Staatlichen Kunstsammlungen ist ein weiterer prominenter Verlust zurück – im nahen Albertinum.