Der Fachkräftemangel verschärft sich weiter. Das ist das Ergebnis des aktuellen Fachkräftereports des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). „Betroffen sind praktisch alle“, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks am Donnerstag in Berlin bei der Veröffentlichung des Berichts.
Mehr als die Hälfte der fast 22.000 befragten Unternehmen konnten nicht alle Stellenangebote besetzen, weil sie nicht die richtigen Experten finden konnten. Insgesamt 53 % sehen darin ein Problem, verglichen mit 51 % im Vorjahr.
Gesellschaftliche Kosten
Dercks betont, dass dies auf Kosten der Gesellschaft als Ganzes geht. Das liegt daran, dass es mit niedrigeren Steuern und Sozialversicherungseinkommen einhergeht. Er sprach von knapp 30 Milliarden Euro, die aus dem öffentlichen Haushalt nicht zur Verfügung stünden.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Problematik der Stellenbesetzung noch einmal verstärkt, obwohl viele Unternehmen in diesem Jahr mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten rechnen und laut DIHK-Planung Personal abbauen. „Wir gehen davon aus, dass in Deutschland rund 2 Millionen Stellen unbesetzt bleiben“, betonte Dercks. „Das entspricht einem Wertschöpfungsverlust von fast 100 Milliarden Euro.“
Probleme des Wirtschaftsstandorts Deutschland
Dazu hohe Energiepreise und klimafreundlicher wirtschaftlicher Umbau Die Herausforderung , ein wachsender Personalmangel, könne zur Verlagerung von Produktion und Dienstleistungen ins Ausland führen, warnte Deckers. „Fachkräftemangel setzt Unternehmen nicht nur unter Druck, sondern gefährdet auch den Erfolg wichtiger Zukunftsaufgaben: Energiewende, Digitalisierung und Infrastrukturausbau – Aufgaben, für die wir in erster Linie Menschen mit Praxiserfahrung brauchen.“
Deutschland sei nie ein Billiglohnland gewesen, punkte aber mit Energiesicherheit, stabilen Preisen und Berufsausbildung, sagte Dercks. Diese Vorteile werden nur rutschen.
Am stärksten betroffene Sektoren
Der Arbeitskräftemangel ist in der Industrie und im Baugewerbe besonders akut, da 58 % der Unternehmen Probleme haben, offene Stellen zu besetzen. Hersteller von Investitionsgütern wie Maschinen und Anlagen zur Herstellung anderer Güter sowie Spitzen- und Hightech-Hersteller sind stark betroffen. Dies betrifft wichtige Projekte wie Elektrofahrzeuge oder den Ausbau erneuerbarer Energien.
In der gesamten Dienstleistungsbranche meldeten 52 % der Unternehmen Probleme. Laut DIHK berichten 71 % der Gesundheits- und Sozialdienstleister von Füllproblemen. In Transport und Logistik sind laut Dercks 65 Prozent arbeitslos, was die termingerechte Belieferung von Handel und Industrie erschwert. Im Gastgewerbe klagten 60 % über Engpässe, weniger als im Vorjahr – allerdings gibt es laut DIHK vielerorts auch weniger Angebote und Öffnungszeiten.
Besonders schwierig ist die Suche nach Fachkräften, die in dualen Berufen ausgebildet sind – 48 % der Befragten gaben laut Umfrage an, dass dies ein Problem sei. 39 % waren Auszubildende. Dercks forderte, dass die berufliche Bildung insgesamt besser anerkannt und gefördert werden müsse.
Suchen aber auch Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung: 31 % der Stellenangebote sind Problembetriebe, die laut DIHK die entsprechenden Stellen nicht besetzen können. „Hier gibt es also gute Chancen für Arbeitslose“, sagte Deckers und nannte unter anderem die Reinigungs- und Sicherheitsbranche.
Lösungsideen
Es ist wie beim Klimawandel, sagte Dercks: Man muss lernen, mit dem Fachkräftemangel zu leben, aber gleichzeitig versuchen, ihn abzumildern . Neben einer stärkeren Digitalisierung können bürokratische Anforderungen abgebaut werden, um Unternehmen zu entlasten.
Während die Erwerbstätigkeit von Frauen zugenommen hat, arbeiten viele in Teilzeit. Laut DIHK arbeiten Männer durchschnittlich 38 Stunden pro Woche, Frauen 30 Stunden und Frauen 20 Stunden in Teilzeit. Würden alle Teilzeitbeschäftigten nur zwei zusätzliche Stunden pro Woche arbeiten, entspräche das 500.000 Vollzeitstellen. “Nun, es ist etwas passiert”, sagte Dercks, aber dafür braucht es bessere Kinderbetreuungseinrichtungen. „Die Betreuungslücke für Kinder unter drei Jahren liegt weiterhin bei knapp 270.000.“ Die Erwerbstätigkeit der 60- bis 64-Jährigen habe deutlich zugenommen, es gebe aber noch Luft nach oben.
Mehr als ein Drittel (35 %) der befragten Unternehmen wollen Fachkräfte aus dem Ausland anwerben, etwas weniger (31 %) wollen Arbeitslose besser qualifizieren und vermitteln. Aus Sicht des DIHK ist das Warten auf einen Visumstermin bei einer deutschen Botschaft oder einem Konsulat im Ausland nicht so kompliziert, die Wartezeit kann aber schon mal ein Jahr betragen. Wenn Sie ausländische Arbeitskräfte halten wollen, benötigen Sie auch die notwendige Infrastruktur, wie Wohnungen oder Schulen für Ihre Kinder. Es muss mehr getan werden, um ausländische Studierende nach dem Abschluss hier zu halten.