Nach einem Stellenwechsel oder einer Kündigung kommt es häufig zu Streitigkeiten über unbezahlte Freistellungsansprüche, die Arbeitnehmer ausbezahlt bekommen möchten. Das Bundesarbeitsgericht hat am Dienstag in einer wegweisenden Entscheidung entschieden, dass die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf finanziellen Ausgleich wegen Nichtannahme einer Auszeit nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses weiter gilt. Richter Erfurt hat deshalb das deutsche Urlaubsrecht präzisiert. Ein Fall in Niedersachsen wurde verhandelt.
Arbeitnehmer, die darauf gehofft hatten, dass auch die Verjährung von Schadensersatzansprüchen aufgehoben würde, wurden nach dem Urlaubsurteil des obersten deutschen Arbeitsrichters im Dezember enttäuscht. Wie der Vorsitzende Richter Heinrich Kiel jedoch klarstellte, gewährte das Gericht für den Altfall eine Übergangsfrist von 2018 bis 2021.
Arbeitgeber müssen Urlaubsansprüche angeben
Richter reagieren auf die in den letzten Jahren veränderte Rechtsprechung zum Urlaubsverfall. Darüber entschied 2018 der Europäische Gerichtshof, ein Jahr später folgte das Bundesarbeitsgericht. Diese Fristen beginnen in der Regel mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Urlaubsanspruch bestritten wird.
Kurz vor Weihnachten hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Beurlaubung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis nicht gesetzlich verboten werden kann, wenn der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nachkommt. Sie müssen die Arbeitnehmer über ihren Urlaubsanspruch informieren und darauf hinweisen, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht beantragt wird. Damit wird die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in deutsches Recht umgesetzt.
Manche Arbeitgeber befürchten eine Klageflut wegen unbezahlter Urlaubsansprüche aus vor Jahren beendeten Arbeitsverhältnissen. Arbeitsrechtler Gregor Thüsing in Bonn erklärt, dass Arbeitnehmer ihren Urlaubsanspruch vor allem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einklagen – bei der Weiterbeschäftigung spielt die Arbeitsorientierung eine größere Rolle.
Kiel begründete die dreijährige Verjährung eines Kündigungsanspruchs damit, dass es nicht um erhebliche Erholungszwecke gehe, sondern um einen “reinen Geldanspruch”, nämlich einen finanziellen Ausgleich für die Auszeit. Zudem besteht kein Druck mehr auf die Arbeitnehmer, ihre Auszeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufzugeben.
Präzedenzfall für die Entscheidung war ein niedersächsischer Fluglehrer und Pilot, der zwischen 2010 und 2015 insgesamt 44.899 Euro für ungenutzten Urlaub von seinem Arbeitgeber forderte – mit teilweise Erfolg. Er erhielt 37.416 €.