„Die Windindustrie kann und muss autark sein“
Windkraft ist für die Energiewende von entscheidender Bedeutung, aber die Branche ist im Niedergang begriffen. Soll der Staat dabei helfen, Regierungsziele zu erreichen? Philipp Godron von Agora Energiewende sagte, „Staatshilfen“ dürften nur eine Übergangslösung sein.
Siemens Energy braucht Hilfe, da Siemens Gamesa und Orsted, die weltweit größten Entwickler von Windprojekten, in Schwierigkeiten geraten, Milliarden verlieren und sich aus den USA zurückziehen. Ist Offshore-Wind noch ein verlässlicher Teil der Energiewende?
Philipp Godron: Ja, Offshore-Wind ist ein wichtiger Bestandteil einer klimaneutralen Stromversorgung. Der Vorteil dieser Systeme besteht darin, dass sie hohe Volllastbetriebszeiten erreichen können. Ein Gigawatt Offshore-Kapazität kann kontinuierlich mehr Strom produzieren als Solar- oder Windenergie an Land. Daher hat die Bundesregierung ihr Offshore-Windausbauziel erhöht: von derzeit 8 GW auf 30 GW bis 2030. Bis 2045 sollen es 70 GW sein.
Also sind die riesigen Probleme, mit denen die beiden großen Player konfrontiert sind, irrelevant?
Die europäische Windindustrie hat relativ kontinentale Wurzeln. Zu den Herstellern mit größeren Marktanteilen zählen Vestas, Nordex, Enercon und Siemens Gamesa. Es handelt sich um europäische Hersteller. Außerdem gibt es noch das amerikanische Unternehmen GE Energy, das auch Niederlassungen in Europa hat. Alle diese Hersteller haben unter dem Zusammenbruch des Windkraftausbaus in Europa, insbesondere in Deutschland, aufgrund unzureichender Ausschreibungsmengen und langwieriger Genehmigungsverfahren gelitten. Dies hat zur Folge, dass einige dieser Unternehmen bereits in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind und einige noch immer mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Ergebnis: Sie verringern die Produktionskapazität. Treten für einzelne Unternehmen Probleme auf, wirkt sich dies zunächst negativ auf den Wettbewerb und die Expansion aus. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keinen Markt mit Herstellern gibt, die der wachsenden Nachfrage gerecht werden können. Der Wettbewerb verringert die Angebotslücke. Aber: Dies könnte zu weiteren Verzögerungen beim Ausbau führen.
<dnl-image ref="41b41309fab52e3966f7cc4e667da6b6" Caption="Die Kapitalkosten für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sind erheblich gestiegen. Lange Genehmigungsprozesse haben auch dazu geführt, dass die Unternehmen unsicher sind, wie viel Zeit sie im Büro verbringen werden." alt=" Kapitalkosten für erneuerbare Energien Energieprojekte sind deutlich gestiegen. Langwierige Genehmigungsverfahren haben auch den Zeitpunkt von Projekten unsicher gemacht, was auch Unternehmen im Büro getroffen hat Erhöhte Ausbauziele erreichbar? </strong>
Ja, die gesetzten Ziele sind ehrgeizig. Doch das Potenzial für den Offshore-Ausbau ist noch lange nicht ausgeschöpft. Zur Erreichung des 2030-Ziels gibt es zudem mehrere Ausschreibungsrunden. Das Ziel, bis dahin 80 % erneuerbare Energien zu nutzen, ist ehrgeizig, aber grundsätzlich erreichbar, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten. Insbesondere bei der Steigerung der Offshore-Kapazität von 30 auf 70 GW gibt es Herausforderungen. Engpass: Die investierbare Meeresfläche Deutschlands ist relativ klein. Um grenzüberschreitende Windprojekte unter Berücksichtigung von Naturschutz und Schifffahrt zu planen und umzusetzen, ist die europäische Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung. Die Zusammenarbeit muss sich nicht nur auf Ausbaubereiche, sondern auch auf die Netzinfrastruktur erstrecken.
Was kann jetzt getan werden, um den Höhepunkt zu überwinden?
Seit letztem Frühjahr wurden zahlreiche Maßnahmenpakete mit Schwerpunkt auf der Onshore-Windenergie eingeführt, um Hindernisse zu überwinden und den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen. Vereinfachen Sie den Genehmigungsprozess, erhöhen Sie die Anzahl der Ausschreibungen und grenzen Sie mehr Bereiche ab. Es wurden einige Fortschritte erzielt: So ist die Zahl der Onshore-Windkraftlizenzen im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen und auch die Zahl der an Ausschreibungen teilnehmenden Projekte ist um mehr als 50 % gestiegen. Dies deutet auf positive Entwicklungen hin, es ist jedoch eine weitere Beschleunigung erforderlich – insbesondere, da wir von einer niedrigen Ausgangsbasis ausgehen. Die Richtung ist richtig, aber das Tempo ist noch nicht so groß, dass wir unsere Ziele erreichen könnten. Im Offshore-Bereich ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Behörden schnell Meeresgebiete für weitere Projekte identifizieren und die rechtzeitige Umsetzung genehmigter Projekte sowie die Einwerbung neuer Projekte sicherstellen.
Orsted musste zwei milliardenschwere Projekte in den USA absagen. Ich kann mir diese Kosten nicht leisten. Sind diese Investitionen finanziell rentabel?
In Deutschland beteiligen sich viele Unternehmen an Ausschreibungen für Offshore-Windkraft. Sie sind bereit, hohe Summen zu zahlen, um Windparks an das deutsche und sogar europäische Netz anzuschließen. Grundsätzlich zeigt die Teilnahme an der Ausschreibung, dass Investoren ein attraktives Geschäftsmodell für Offshore-Projekte sehen.
Dennoch befindet sich Siemens Energy in Gesprächen mit der Bundesregierung über Hilfen. Insbesondere der Energiesektor soll autark sein.
Die Windindustrie ist eine Wachstumsbranche, die sich im privatwirtschaftlichen Wettbewerb behaupten muss und kann. Dies ist sicherlich keine Branche, die dauerhaft durch staatliche Zuschüsse unterstützt werden muss oder sollte, sei es von der EU oder vom Bund. Wettbewerb trägt letztlich auch dazu bei, attraktive Produktionspreise zu erzielen und so die Energiekosten für uns alle zu senken. Gleichzeitig gilt: Die Energieversorgung muss elastisch sein. Deshalb ist es sinnvoll, in der aktuellen Investitionsphase zusätzliche Produktionskapazitäten für erneuerbare Energien zu sichern, wie es die USA und China tun. Windkraft ist eine Schlüsseltechnologie, die in Europa bleiben muss.
Leon Berent spricht mit Philipp Godron
Dieses Interview wurde zuerst auf capital.de veröffentlicht
Quelle: www.ntv.de