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Die U-Bahn wird immer automatisierter

Fahrerlose U-Bahn in Nürnberg
Der TTRend der ZUkunft: eine vollautomatische U-Bahn am U-Bahnhof Großreuth in Nürnberg.

Rund 96.000 Bahn- und Busfahrer arbeiten im deutschen ÖPNV – doch fast die Hälfte von ihnen wird in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Bis 2030 müssen laut Eike Arnold, Sprecher des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, rund 40.000 Stellen besetzt werden. „Wir suchen händeringend Fahrer.“ Autonome Busse seien in Dutzenden Städten getestet worden, bisher aber nur Nürnbergs fahrerlose U-Bahn in Deutschland. Warum?

Es ist viel einfacher, per Computer auf den Schienen eines Tunnels zu fahren als auf einer Straße, die von Autos, Radfahrern und Fußgängern gekreuzt wird. Hochautomatisierte Züge können auch in kürzeren Abständen wie 100 Sekunden auf der Hauptstrecke in Nürnberg im Tandem verkehren. Laut Hersteller Siemens kann er auf bestehenden Strecken 30 Prozent mehr Passagiere befördern. Laut Axel Schuppe, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie Deutschlands, „verbrauchen autonome Züge durch vorausschauendes Anfahren und Bremsen zudem deutlich weniger Antriebsenergie und tragen dazu bei, den Verschleiß von Fahrzeugen und Gleisen zu verringern.“

Automatisierung ist geplant

“Jeden Tag nutzen Millionen von Fahrgästen in mehr als 60 Städten auf der ganzen Welt, darunter London, Paris, Vancouver, São Paulo, Mexiko und Singapur, automatisierte Züge”, sagte Schuppe. „Beim Bau neuer Strecken sollen die Züge heute fast immer autonom fahren, auch eine Automatisierung ist geplant.“

Das ist derzeit wie in Hamburg. Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum sagte, die neue U5 werde “selbst fahren, ohne Fahrer”. Bei bestehenden Netzen hingegen stünden die Kosten und der technische Aufwand “in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen”. Teilautomatisiert soll es bald einen 100-Sekunden-Takt geben: Computer steuern die Haltestellen, Fahrer kümmern sich um An- und Abfahrten.

Vor 40 Jahren die U-Bahn in der nordfranzösischen Stadt Lille. Nürnberg zog vor 15 Jahren im Jahr 2008 mit dem Start der neu gebauten Linie U3 nach. Zwei Jahre lang fuhr sie auf Hauptstrecken im Mix mit der fahrergesteuerten U2. Auch dies wird im laufenden Betrieb schrittweise automatisiert.

Der Zeitplan wird immer enger

Die notwendige Technik kostete zusätzlich 110 Millionen Euro. Doch längst hat es sich gelohnt, sagt Elisabeth Seitzinger, Sprecherin der Nürnberger Verkehrsgesellschaft VAG. „Wir geben heute nicht auf!“ Der Zeitplan wird dichter. Benötigt weniger Fahrzeuge und 105 U-Bahn-Fahrer. Und der Betrieb ist flexibler: Zu Stoßzeiten können Züge schnell aus dem Depot einfahren, ohne am Ende des Tages wieder einen Fahrer einstellen zu müssen. «Höhere Leistung, weniger Aufwand», lautet das Fazit von VAG.

Rund 70 Millionen Fahrgäste fahren jährlich mit fahrerlosen Zügen durch Nürnberg. Die Passagiere zeigten keine Bedenken, „es wurde von Anfang an gut angenommen, also war es kein Problem“, sagte Seitzinger. In traditionellen U-Bahnen befindet sich hier der Führerstand, hier stehen die Fahrgäste und können die Strecke gut einsehen.

Aus Sicherheitsgründen sind viele unbemannte U-Bahnsteige durch Hindernisse von den Gleisen getrennt. Erst wenn der Zug zum Stehen kommt, öffnen sich die Türen der Schranke. In Nürnberg hingegen setzen sie auf Sensoren an den Gleisen: Fällt etwas auf die Gleise, lösen sie eine Notbremsung aus.

Es bleibe wenig übrig, “zumindest nicht über die Zukunft der Automatisierung nachzudenken”, sagte Schuppe. „Das Geschäft mit digitaler Steuerungs- und Sicherheitstechnik, die Voraussetzung für fahrerloses Fahren ist, zieht deutlich an.“ Die Bahnindustrie erhält zunehmend Anfragen von kommunalen Verkehrsunternehmen.

Fahrer werden noch Jahrzehnte gebraucht

Die zugrunde liegende Technologie für die Zugautomatisierung wird jetzt in vielen Städten ausgerollt, “wie Berlin, Frankfurt am Main oder München”, sagte der Gewerkschaftsführer. Dadurch wird das Netzwerk auch ohne Skalierung effizienter. „Zum Beispiel sollen die Züge im künftigen Frankfurter Netz alle zwei Minuten fahren können.“

Die Münchner Verkehrsgesellschaft MVG hatte einen Pilotversuch mit Bahnsteigtüren geplant, aber aus Kostengründen wieder abgesagt. Die vollständige Automatisierung der U-Bahn erfordert neues Rollmaterial und neue Infrastruktur. „Eine Umrüstung des bestehenden Netzes auf ein neues wäre kostenintensiv und würde Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern“, sagte Sprecher Maximilian Kaltner.

Berlin Auch die BVG will die U-Bahnen sukzessive automatisieren, damit engere Abstände erreicht werden können. Sprecher Markus Falkner sagte jedoch, der Betrieb des Netzes, das teilweise aus der Kaiserzeit stammt, und die vielen denkmalgeschützten U-Bahn-Stationen ohne Fahrer werden eine große technische und finanzielle Herausforderung sein.

Langfristig gehe der Trend zum autonomen Fahren, sagte VDV-Sprecher Arnold. Wo neue U-Bahnen oder neue Linien gebaut werden oder wo Infrastruktur und Züge komplett erneuert werden müssen, geht es schneller. Doch Fahrer wurden noch Jahrzehnte lang gebraucht.

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