Die Justiz schweigt zu ungelösten Fragen
Bruchsal/Gemersheim – Vor anderthalb Wochen ist dem verurteilten Mörder Alexandr Perepelenko (43) die Flucht gelungen. Er entkam bei einem Zwischenstopp bei der Lake Guard. Die Frage, wie das geschieht, bleibt völlig unbeantwortet.
Der kaltblütige Mörder aus der JVA Bruchsal scheint noch immer vom Erdboden verschwunden zu sein. Der Mann verschwand während der mutmaßlichen Hinrichtung an einem Baggersee im rund 25 Kilometer entfernten Germersheim und wird europaweit noch immer gesucht. Zu den Umständen der Flucht und möglichen Fehlern bei der begleitenden Evakuierung äußerten sich die Behörden bislang kaum. Auch Justizministerin Marion Gentges zögerte bislang sehr zurückhaltend mit einer Regierungsanfrage im Landtag – „aus ermittlungsstrategischen Gründen“, wie sie am Mittwoch auf mehrere Fragen der Opposition betonte.
Gentges, von dem bekannt ist, dass er der Mann ist, sagte unter anderem, er habe das elektronische Fußkettchen mit Hilfe von Werkzeugen zerbrochen, nachdem er aus dem See entkommen war. „Mit den richtigen Werkzeugen lässt sich jede Krawatte durchtrennen“, erklärt sie weiter. Allerdings betonte Gentges auch, dass solche Fußkettchen nicht „allein“ funktionieren und nur in Verbindung mit begleitendem Gefängnispersonal verwendet werden können. Dies erleichtert die Kenntnis der Fluchtwege. Der Vorfall am Seeufer wird auch disziplinarrechtlich untersucht.
► Ob dem Mann beim Abschneiden der Fußkettchen geholfen wurde und wie er bei seiner Flucht an die Werkzeuge zum Greifen gelangte, äußerte sich der CDU-Minister nicht. Der verstümmelte Knöchel wurde in der Stadt Germersheim gefunden. Elektronische Fesseln werden üblicherweise an den Knöcheln des Kriminellen befestigt. Dadurch kann sein Aufenthaltsort rund um die Uhr elektronisch überwacht werden. Der Sender ortet den Aufenthaltsort des Trägers und hält ständig Kontakt zur Landesüberwachungsstelle Hessen. Auf der dortigen Karte ist auch die Bewegung der Träger zu sehen.
Als Häftling der JVA Bruchsal reiste der Deutschkasachen unter Bewachung zu einem Baggersee im rheinischen Germersheim – vor einer Woche der Flucht am Montag aus der Pfalz. Dies ist sein achter Auftritt, begleitet von seiner Frau und seinen Kindern. 2012 wurde er vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, weil er einen 44-jährigen Mann erwürgt hatte.
► Nach dem Vorfall forderten die Liberaldemokraten strengere Anforderungen an Aussagen von Justizvollzugsanstalten. Die innenpolitische Sprecherin der Liberalen Partei, Julia Goll, sagte, der Ansatz müsse nach einer solchen Flucht noch einmal überprüft werden. Beispielsweise könnte untersucht werden, ob zusätzliche Begleitfahrzeuge oder zusätzliche Justizvollzugsbeamte die Fluchtgefahr verringern könnten. Muss auch prüfen, ob ein zweites Fußkettchen hilft. „Es dauert länger, zwei Fesseln loszuwerden als eine“, sagte Gore. Gentges verteidigte auch einen verurteilten Mörder, der aus einem See im State House eskortiert wurde. „Maßnahmen zur Öffnung des Strafvollzuges“ müssen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben genehmigt werden. Infolgedessen können Gefangene für einen bestimmten Zeitraum „unter ständiger und direkter Aufsicht des Gefängnispersonals“ außerhalb des Gefängnisses sein. Ziel sei, so das Bundesverfassungsgericht, die „lebenslange Gesunderhaltung“ langjähriger Inhaftierter zu gewährleisten. Im Fall des Flüchtigen habe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe entschieden, dass der Antrag des Mannes auf Hinrichtung dreimal im Jahr nicht unberechtigt sei, so Gentges weiter.
Die Flucht hatte zunächst auch Konsequenzen für andere Häftlinge der JVA Bruchsal: „Die Hinrichtungen im Sperrbereich (…) sind bis zum Abschluss unserer Kontrollen ausgesetzt“, erklärte Justizvollzugsleiter Thomas Thomas Weber am Mittwoch. Diese begleiteten Touren werden jedoch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen.
Quelle: www.bild.de