Für Influencer in der Kryptowirtschaft brechen jetzt schwierige Zeiten an. Denn die Zentralbanken sind dabei, kräftig an der Zinsschraube zu drehen, wodurch vielen Kryptowährungen langsam die Puste ausgeht. Dennoch steht Julian Hosp, ebenso wie der flüchtige Wirecard-Chef Jan Marsalek – ein österreichischer “Serial Entrepeneur”, eigentlich jederzeit voll im Geschäft. Bloß handelt es sich in der Regel nicht um das Geschäft, das er bisher angepriesen hat. Denn er treibt ein regelrechtes Hase- und Igelspiel mit den Behörden der Finanzaufsicht.
Aufgefallen ist Hosp 2015 durch seine Rolle als das Gesicht von TenX, einem singapurischen Krypto-Startup. Das Krypto-Kreditkartenunternehmen hat im Jahr 2017 in nur sieben Minuten 80 Millionen US-Dollar von 4.000 Geldgebern im Rahmen des Initial Coin Offerings (ICO)-Fiebers eingenommen. Daraufhin gingen die Sorgen los: Nachdem 2018 anfangs der Kartenherausgeber Wavecrest mit Sitz in Gibraltar keine Visa-Lizenz mehr erhalten hat, rückte wenig später Anfang 2020 plötzlich das Unternehmen Wirecard Bank nach. Dessen Muttergesellschaft geriet wenig später in die Insolvenz.
Aus dem Streit hat sich der 36-Jährige schon 2019 ausgeklinkt, um mit Cake Defi das nächste Krypto-Projekt auf die Beine zu stellen. Auch dieses Startup wirbt wieder einmal mit großen Versprechungen. Das Unternehmen will einen Deal in Höhe einer Unternehmensbewertung von 1,5 Milliarden US-Dollar nicht eingehen, so die Aussage des Startups. Stattdessen ist nun ein Börsengang geplant. Gleichzeitig wird der Fall Cake Defi von der deutschen Finanzaufsicht Bafin sehr aufmerksam verfolgt. Dabei zeigt dieser Fall, dass die bisherige Regulierung für zweifelhafte Krypto-Anbieter eher mangelhaft ist.
Solange genug “Stupid Money” an Bord ist, geht das Karussell weiter.
Der Name Hosp sorgt selbst in der Krypto-Szene seit Jahren für Kontroversen. Der Gründer machte vor seinem Ausscheiden bei TenX mit dem überstürzten Verkauf von mehr als zwei Millionen TenX-Token auf sich aufmerksam. Dabei fiel er dem Verdacht eines “Exit-Betrugs” zum Opfer; er dementiert jedoch. Unterdessen wird Hosps ehemaliger Geschäftspartner bei TenX, nämlich der österreichische Programmierer Toby Hoenisch, beschuldigt, sich in das Krypto-Projekt “The DAO” gehackt zu haben. Hierbei wurden 3,6 Millionen Ether-Token gestohlen, die inzwischen einen Milliardenwert haben. Bei dem Ether handelt es sich um den Token des zweit populärsten Krypto-Netzwerks, Ethereum. Hosp war in “keiner Weise” in den DAO-Hack verwickelt, sagt Cake Defi.
Hosp ist heutzutage mindestens genauso zurückhaltend, was das Thema TenX angeht, wie seine Beteiligung an Lyoness. Das Unternehmen ist ein Multi-Level-Marketing-Vertrieb, dessen Namen er auf seiner Homepage nicht erwähnt. Hierzu sagt ein Sprecher: „Julian war bei Lyoness lediglich ein Angestellter und nicht in einer Führungsposition. Rückblickend betrachtet er seine Anstellung nicht als die klügste Entscheidung seines Lebens und würde sich heute anders entscheiden.“
Im Rahmen des Multi-Level-Marketing sind Sie als Investor selbst der Verkäufer eines Produkts. Das Ganze ist eine Art Schneeball- oder Pyramidensystem, ähnlich dem, das wir vom legendären US-Finanzier Bernie Madoff mitbekommen haben. Solange genug neues “Stupid Money” an Bord kommt, bleibt das Karussell in Bewegung. Im Fall von Madoff haben geldgierige steinreiche Menschen investiert, da er ihnen traumhafte Renditen versprach.
Das Startup von Hosp gleicht einem Street-Sale für junge YouTube-Nutzer. Mehr als 200.000 Menschen nutzen allein die Videoplattform, um ihm zu folgen. Sein jetziges Projekt Cake Defi ermöglicht als Anbieter von Decentralized Finance (Defi) oder Peer-to-Peer-Finanzdienstleistungen Kredit- oder Wertpapiertransaktionen ohne Banken und ohne Papierverträge. Er umgeht damit die traditionelle Finanzmarktregulierung. Cake Defi verspricht den Nutzern hohe Zinssätze von bis zu 46,2 Prozent und vergibt Boni für neu gewonnene Kunden. Offenbar baut Hosp auch hier auf die Vorteile eines Schneeballsystems (das Unternehmen stellt klar, dass dies nur ein Marketinginstrument ist).
Der deutschsprachige “Krypto-Influencer” Hosp
Kürzlich wurde Cake Defi von der Finanzaufsichtsbehörde Singapurs (MAS) gezwungen, eine Risikowarnung wegen seiner unregulierten Finanzgeschäfte herauszugeben. In Singapur hat die deutsche Finanzaufsicht Bafin bereits Ermittlungen gegen Cake Pte. Ltd. laufen. Jedoch erst nachdem Finance Forward eine Anfrage gestellt hat. Vorgeworfen wurde dem Unternehmen, “unzulässige Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen in Deutschland zu betreiben”.
Das liegt daran, dass Finanzdienstleister mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht in Deutschland tätig werden dürfen, um Finanzdienstleistungen oder Bankgeschäfte aktiv zu bewerben oder anzubieten. Gleichwohl gibt es auf Facebook nach wie vor eine Reihe von Anzeigen, die sich an Nutzer in Deutschland richten. Wie ein Test zeigt, trifft dies auch auf Google noch zu.
Hierzu teilt das Unternehmen mit: „Alle Google-Anzeigen, die in Deutschland zu sehen sind, sind nicht von Cake Defi erstellt worden.“ Und: „Cake Defi hat einen regelmäßigen Informationsaustausch mit der Bafin gepflegt. Zuletzt wurde im Mai 2022 mit der Bafin kommuniziert – eine Antwort hat Cake Defi bis heute nicht erhalten.“ Nach eigenen Angaben führt Cake Defi in Deutschland keine Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen durch, für welche es eine Lizenz im Sinne des deutschen Kreditwesengesetzes benötigt.
Daher drängt sich die Frage auf, aus welchem Grund und mit welchen (finanziellen) Interessen Dritte in Deutschland kostenlos für Cake Defi werben sollten? Außerdem: Wie wird die Werbung in Deutschland überhaupt finanziert?
So ist Hosp speziell im deutschsprachigen Raum ein “Krypto-Influencer”, zudem redet er in seinen Videos überwiegend deutsch. In Berlin oder Frankfurt sitzt die potenzielle Nutzerschaft von Cake Defi. In der Zwischenzeit wurde die Homepage von Cake Defi nicht mehr in deutscher Sprache zur Verfügung gestellt, ebenso wurde hierzulande das Rekrutierungsprogramm für Neukunden gestoppt. Dafür hat Cake Defi neuerdings eine Lizenz von Litauen erhalten, die es erlaubt, Krypto-Wallets im Namen von Kunden zu betreuen. Besonders da die EU-Krypto-Asset-Verordnung (MiCA) in den Mitgliedsstaaten direkt anwendbar ist, wird es voraussichtlich immer schwieriger werden, die Erbringung von Finanzdienstleistungen durch Cake Defi in der EU zu verbieten. Länderübergreifende Zahlungen auf Defi-Plattformen werden die Finanzmarktregulierung daher in Zukunft vor große Herausforderungen stellen.
Finanzaufsicht benötigt weitere Mittel
Zum Schutz der Öffentlichkeit vor fragwürdigen Krypto-Gurus im Sinne von Julian Hosp benötigt man mehr Werkzeuge für die nationale Finanzaufsicht. Denn es wird stets eine Finanzaufsichtsbehörde da sein, die einem Krypto-Betrüger Deckung gibt. Auch die Durchsetzung von Werbeverboten erweist sich im unbegrenzten Internet als schwierig.
Maßgeblich für eine Finanzaufsicht 2.0. ist daher weniger das sogenannte Herkunftslandprinzip. Wenn Cake Defi in Singapur sein Postfach hat, ist eben die dortige Finanzaufsicht dafür verantwortlich. Im Grunde genommen lässt sich die internationale Finanzaufsicht auch so gestalten, dass es in Zukunft darauf ankommt, woher die Kunden oder User kommen bzw. wohin die Anbieter ihre Geschäfte abwickeln.
Zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus hat die EU bereits versucht, eine Meldepflicht für Kryptotransaktionen einzurichten. Sie werden über sogenannte “unhosted” oder “self-custody” Wallets vorgenommen. Anbieter von Krypto-Asset-Dienstleistungen müssten demnach die Identität der Transaktionspartner bestätigen.
Dies lehnte Finanzminister Christian Lindner jedoch nun mit dem Argument ab, dass dadurch noch mehr dubiose Transaktionen über Schattenfinanzplätze stattfinden würden.
Quelle: www.financefwd.com