Der Gebrauch von Cannabis an sich ist in Kanada seit 2018 erlaubt. Dadurch wurde ein regelrechter Boom von Unternehmen ausgelöst, welche in diesem Bereich Geld verdienen wollen. Darüber hinaus entstand die Hoffnung auf eine internationale Entkriminalisierung von Cannabis und verwandten Produkten. Speziell im benachbarten USA haben Branchenvertreter aufs dicke Geld gehofft, zumal der Staat Colorado den Anbau, Verkauf und Konsum schon vor gut zehn Jahren zugelassen hat. Allerdings wurde die Vorreiterrolle in Sachen Cannabis-Legalisierung nicht wie erwartet vom ganzen Land übernommen. Im Gegenteil, heute gibt es einen Gesetzesdschungel in diversen Bundesstaaten.
Dies sind die Probleme, mit denen die Cannabisindustrie konfrontiert ist
Das amerikanische Repräsentantenhaus will mit dem Marijuana Opportunity Reinvestment and Expungement Act (MORE Act) die landesweite Entkriminalisierung von Cannabis erreichen. Sollte der Gesetzentwurf in Kraft treten, so wäre Cannabis von der Liste der überwachten Substanzen entfernt. Gleichzeitig würden Cannabisproduzenten, -verkäufer oder -besitzer nicht mehr mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen müssen. Der Gesetzentwurf ist jedoch bisher im US-Senat gescheitert.
Das größte Problem für die Cannabisbranche ist natürlich die fehlende landesweite Legalisierung. Doch darüber hinaus steht die Branche – insbesondere in den USA – vor weiteren Herausforderungen.
Unter anderem benötigt die Cannabis-Infrastruktur derzeit einen Ausbau. Ein Problem, welches bereits kurz zu Beginn der Legalisierung in Kanada deutlich wurde. Während die Produktion in vollem Gange war, herrschte ein Defizit bei den Verkaufsstellen, die letztendlich dafür zuständig waren, die Cannabisprodukte unter die Leute zu bringen. Somit fand der Verkauf in der ersten Zeit eher über weniger reguläre Kanäle wie zum Beispiel den Schwarzmarkt statt. Ein Umstand, der Kritikern der Legalisierung einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
In steuerlicher Hinsicht ist die Cannabisindustrie im Vergleich zu anderen Branchen in den USA auch im Nachteil: Weil Cannabis weiterhin auf Bundesebene verboten ist, ist die Branche dem Abschnitt 280E des Steuergesetzes unterworfen. Insbesondere dürfen Cannabisunternehmen daher keine Betriebsausgaben steuerlich geltend mache. Dies beeinflusst die Gewinnmargen der Unternehmen immens.
Vor allem in den USA stoßen Cannabisbetriebe auf ein weiteres großes Problem: den unzureichenden Zugang zu Banken. Der Grund dafür ist, dass Cannabisunternehmen auf Bargeldbasis arbeiten müssen. Denn Finanzinstitute unterliegen Sanktionen der staatlichen Bankenaufsicht, wenn sie Dienstleistungen für Cannabisunternehmen erbringen. Dieses Problem soll durch einen anderen Gesetzentwurf, genannt “Secure and Fair Enforcement Banking Act” – offiziell als “SAFE Banking Act” bekannt – behoben werden. Sobald dieser Gesetzesentwurf in Kraft tritt, ist die Erbringung von Bankdienstleistungen für legale Cannabisunternehmen nicht mehr strafbar.
Derzeit wickeln die Unternehmen ihre Geschäfte überwiegend über Bargeldtransaktionen ab. Dadurch sind sowohl die Sicherheit der Angestellten in den Geschäften gefährdet wie auch die Zahlungsmöglichkeiten für die Kunden sehr begrenzt. „Das Cannabis-Bankengesetz würde das ändern“, zitierte Yahoo Finance Live kürzlich Kim Rivers, den Geschäftsführer von Trulieve.
Kann man mit Kryptowährungen das Problem lösen?
Für die Branche gibt es somit zahlreiche Herausforderungen, die auf mehreren Ebenen bewältigt werden müssen. Was den unzureichenden Zugang zum Bankwesen angeht, so werden von Branchenbeobachtern häufig Kryptowährungen als potenzieller Problemlöser ins Spiel gebracht.
Wenn Cannabisunternehmen Krypto-Zahlungen ermöglichen, ließe sich der Mangel an Zugang zum traditionellen Bankensystem umgehen. Dadurch würden sie auf Bargeldtransaktionen weitgehend verzichten, was wiederum die Sicherheit für die Mitarbeiter erhöhen würde. Schließlich würden die Erlöse virtuell in Kryptowährungen statt in Bargeldstapeln in den Geschäften gelagert.
Zwar bringen Kryptowährungen und Cannabis zwei bisher kritisch betrachtete Branchen zusammen, die mittlerweile Einzug in den Mainstream gefunden haben, allerdings gibt es durchaus auch Punkte, die dagegen sprechen. An erster Stelle steht hier die nach wie vor hohe Volatilität auf dem Kryptomarkt. Die deutlichen Kursschwankungen erschweren die Planung von Cannabisunternehmen, die vorrangig auf digitale Währungen setzen, enorm. Sogar kryptoaffine Einzelhändler sind angesichts der hohen Volatilität im Kryptobereich besorgt: „Sie wollen nicht daran denken, Kryptowährungszahlungen zu akzeptieren und entweder dem Risiko von Kapitalgewinnen oder dem Risiko ausgesetzt zu sein, dass diese Währungen plötzlich ohne Vorwarnung an Wert verlieren, wenn Steuerzahlungen und Mieten fällig werden“, so das Zitat von Khurshid Khoja, Co-Vorsitzender für Politik bei der National Cannabis Industry Association, bei Coindesk.
Des Weiteren sind im Bereich der Kryptowährungen die Transaktionskosten immer noch dermaßen teuer, dass Bitcoin & Co. nicht unbedingt ein geeigneter Bargeldersatz sind.
Zwei der wichtigsten Probleme, mit denen die Kryptoindustrie konfrontiert ist, insbesondere das Problem der hohen Steuerlast, sowie der schwierige Kreditzugang, sind auch durch die Verwendung von Kryptowährungen nicht zu beheben. Solche Hindernisse lassen sich nur auf politischer Ebene angehen und dürften für die Vertreter der Branche eine Priorität darstellen.
Ungeachtet der Parallelen zwischen der Cannabis- und der Kryptoindustrie muss demnach zunächst der Weg auf legislativer Ebene geebnet werden, um die Industrie aus dieser Situation zu befreien.
Quelle: www.finanzen.net