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Der Familie Mancuso drohen tausende Jahre Gefängnis

Es wird erwartet, dass der Max-Prozess ein Urteil fällt

Fast drei Jahre wurde in einer Lagerhalle verhandelt, die nach höchsten Sicherheitsanforderungen....aussiedlerbote.de
Fast drei Jahre wurde in einer Lagerhalle verhandelt, die nach höchsten Sicherheitsanforderungen umgebaut wurde..aussiedlerbote.de

Der Familie Mancuso drohen tausende Jahre Gefängnis

Jahrelang baute die 'Ndrangheta ihre Machtstruktur ohne große Eingriffe aus. Doch später gelang es den Ermittlern, Hunderte von Familienmitgliedern von 'Ndrangheta Mancuso festzunehmen. Knapp drei Jahre später steht das Urteil unmittelbar bevor.

Mehr als 300 Angeklagte, tausende Stunden Zeugenaussagen, Forderungen nach einer Strafe von insgesamt fast 5.000 Jahren: Der dreißigste Jahrestag von Italiens größtem Mafia-Prozess seit mehr als einem Jahrzehnt steht für Montag an Urteil verkündet und beendet. Seit fast drei Jahren geht es im sogenannten „Maxi-Prozess“ in Kalabrien um die 'Ndrangheta-Verschwörung, insbesondere um die mächtige Mancuso-Familie und ihre Anhänger sowie ihre polizeilichen, administrativen und politischen Mitverschwörer.

Der Mammutprozess fand im Januar 2021 in einem riesigen Lagerhaus in Lamezia Terme statt, einer Stadt, die einst in ein Hochhaus umgewandelt wurde. Ein bewachter Gerichtshof. Für die 322 Angeklagten forderte die Staatsanwaltschaft insgesamt knapp 5.000 Jahre Haft.

Der Prozess richtet sich gegen die Mancuso-Familie innerhalb der 'Ndrangheta, der für die Provinz Vibo Valentina zuständigen Organisation. Mafia-Experte Antonio Nicasso erklärte, dass die Mancuso-Familie „eine der wichtigsten Familien“ der international einflussreichen 'Ndrangheta sei.

Die 'Ndrangheta haben ihren Ursprung in Kalabrien, sind heute aber in rund 40 mächtigen Staaten aktiv, darunter auch in Deutschland. Aufgrund ihres Quasi-Monopols auf den Kokainhandel in Europa ist sie Italiens reichste und mächtigste Mafia-Organisation und unterwandert auch den Staatsapparat.

Gesonderter Prozess gegen „Onkel“

Im Prozess gegen Lamezia wurden unter anderem Drogenhandel, Bildung einer Mafia-Organisation, Geldwäsche, Erpressung und versuchter Mord angeklagt. Die meisten Angeklagten wurden im Dezember 2019 bei koordinierten nächtlichen Razzien in Italien, Deutschland, der Schweiz und Bulgarien festgenommen.

Letztes Jahr wurde der Prozess gegen den 69-jährigen Clanführer Luigi Mancuso, bekannt als „Onkel“, aufgeteilt. Für mehr als ein Dutzend seiner engsten Mitarbeiter forderte die Staatsanwaltschaft 30 Jahre Haft.

Unternehmer, Bürgermeister, Beamte und hochrangige Polizisten wurden ebenfalls angeklagt. Dies zeigt, wie einflussreich die 'Ndrangheta ist. Die 67 Angeklagten, die im höchsten Verfahren vor Gericht gestellt werden sollten, entschieden sich für getrennte Schnellverfahren.

Schreckensherrschaft

Die Massenprozesse in Lamezia Terme waren nur möglich, weil Dutzende von 'Ndrangheta-Mitgliedern ihr Schweigegelübde brachen, die sogenannten Ordos Merta, darunter auch einer von Luigi Neffen, Mancuso. Wichtige Zeugen berichteten vor Gericht über auf Friedhöfen versteckte Waffen und den Einsatz von Krankenwagen zum Drogenschmuggel und schilderten, wie die 'Ndrangheta kommunales Trinkwasser zur Versorgung ihrer Marihuana-Plantage nutzte.

Zeugen berichteten auch, wie die 'Ndrangheta Menschen terrorisierte: Tote Welpen, Delfinkadaver und Ziegenköpfe wurden vor den Haustüren der Rivalen abgeworfen, Autos wurden in Brand gesteckt und Geschäfte wurden zerstört. Die Mafia schreckt nicht davor zurück, Gegner ins Krankenhaus zu bringen oder spurlos verschwinden zu lassen.

Der erste Prozess gegen die Mafia fand 1986 gegen die sizilianische „Mafia“ statt. In ihrem Schatten konnte die 'Ndrangheta ihre illegalen Operationen jahrzehntelang relativ ungestört ausweiten. Experten schätzen, dass es heute weltweit rund 150 'Ndrangheta-Familien gibt, die einen Jahresumsatz von rund 50 Milliarden Euro erwirtschaften.

Polizeilicher Schutz der Ankläger

In den letzten Jahren ist es den italienischen Behörden dank der Zusammenarbeit mit der internationalen Polizeiorganisation INTERPOL jedoch gelungen, den Kampf erfolgreicher zu gestalten als in den Jahrzehnten zuvor. Auf der ganzen Welt werden Polizisten geschult, um die Aktivitäten der kalabrischen Mafia besser aufzudecken und zu bekämpfen.

Der Kampf gegen die 'Ndrangheta war jedoch äußerst gefährlich. Nicola Gratteri, eine prominente Anti-Mafia-Staatsanwältin, die an Maxis Prozess beteiligt war, steht seit mehr als 30 Jahren unter Polizeischutz.

Die Staatsanwaltschaft hoffte, dass der Prozess in Lamezia Terme eine Machtdemonstration des Staates im Kampf gegen den „Glorreichen Oktopus“ sein würde, der Erfolg hatte und seine Tentakel rund um die Welt ausdehnte. Mafia-Experte Nicasso sagte, Oberste Prozesse seien nur ein Bestandteil einer wirksamen Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

„Ich glaube nicht, dass der Polizeieinsatz ausgereicht hat, um die ‚Ndrangheta“ zu zerstören“, sagte er. Um den Nährboden für Mafia-Organisationen zu beseitigen, sind auch eine entsprechende Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik sowie ein Umdenken nötig.

Quelle: www.ntv.de

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