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Das Bäckerhandwerk – zwischen Brotkunst und Preisdruck

Deutschland ist berühmt für seine vielfältigen Brote. Allerdings befindet sich die Backbranche in einer schwierigen Situation und viele Betriebe geben auf. Andere wollen stärker an jahrhundertealte Backtraditionen anknüpfen und tätigen neue Investitionen.

Frisch gebackenes Vollkornbrot..aussiedlerbote.de
Frisch gebackenes Vollkornbrot..aussiedlerbote.de

Das Bäckerhandwerk – zwischen Brotkunst und Preisdruck

Schliep oder Wecker? Zumindest zwischen Berlinern und Schwaben kommt es oft zu kulturellen Auseinandersetzungen um Backwaren. Bäcker Tobias Exner bringt „Ossis“ auf den Markt – sein günstigstes Weizenbrötchen für 39 Cent.

Mittlerweile sind aber auch Brötchen, die oft dunkler sind und Getreide enthalten, schon ab einem Euro Standard. Die deutschen Handwerksbäcker, deren Brot seit Jahren zum UNESCO-Kulturerbe zählt, klagen über hohen Preisdruck, der den Geldbeutel der Kunden belastet.

„Wir erhöhen die Preise nicht aus Spaß“, sagt Exner, Bäckermeister und Brotsommelier aus Belitz in Brandenburg, der rund 280 Mitarbeiter beschäftigt und mehrere Standorte betreibt. „Wir können unsere Kosten derzeit nicht tragen.“

Ist Handel gefährlich?

„Leider verschwinden jeden Tag ein oder zwei Bäcker“, sagte Friedmann Berg, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks in Berlin. Im vergangenen Jahr schlossen etwa 600 Geschäfte. Die Zahl der Beschäftigten ging mit rund 238.000 deutlich zurück.

Steigende Energiekosten, Personalmangel, Mindestlöhne, Personalmangel und Berge von Bürokratie seien Gründe für die Misere. Hinzu kommt der Preisdruck durch Discounter und Großunternehmen. Nach Angaben der Gourmet Restaurant Alliance (NGG) machen große Ketten fast 30 % des Gesamtumsatzes aus.

„Der Preis für Zucker ist dreimal so hoch wie vor drei Jahren“, sagte Exner, ein Bäcker, der seinen Betrieb reduziert hat und manchmal am frühen Nachmittag schließt. „Wenn ein Deutscher nicht genug Geld hat, spart er beim Essen.“ Wenn die niedrigere Mehrwertsteuer auf Restaurantlebensmittel im nächsten Jahr wieder auf 19 % ansteigt, könnten die Preise bis 2024 zumindest beim Bäckerkaffee teurer werden. Das ist der Fall.

Heute Abend beim Bäcker? Personalmangel setzt Bäcker unter Druck

Hinzu kommt, dass Bäckereien mit Personalengpässen zu kämpfen haben. Die Gewerkschaft NGG sagte, die Arbeitsbedingungen und Löhne seien unattraktiv. In der Bäckerei beginnt die Arbeit abends, wenn alle anderen schlafen – viele Leute werden also abgewinkt. Nach Angaben des Zentralverbandes gibt es noch eine große Zahl offener Ausbildungsplätze.

Auch viele Auszubildende, die im dritten Ausbildungsjahr 1.085 Euro nach Bundestarif verdienen, stehen vor dem Problem, eine Wohnung zu finden. Baker Exner vermietet inzwischen 25 Wohnungen für Mitarbeiter, weitere Bäckereien bieten Wohngemeinschaften für Praktikanten an.

„Es wird immer schwieriger, Fachkräfte zu Standardlöhnen zu finden. Viele zahlen extra, um Mitarbeiter zu halten“, sagte Rajko Pientka, Leiter der Gewerkschaft NGG. „Nach groben Schätzungen verdient ein Geselle, also nach dreijähriger Ausbildung, durchschnittlich etwa 2.400 Euro pro Monat – die Löhne variieren je nach Tarifvertrag von Land zu Land stark.

Schlange vor der Bäckerei

Doch viele Städte eröffnen auch neue Bäckereien, die mit altem Handwerk den Zeitgeist einfangen wollen. Mancherorts standen die Kunden Schlange, um Bio-Backwaren aus Dinkel, Roggen, Nüssen und Vanille zu kaufen, und zahlten für handwerklich hergestelltes Brot etwa 8 bis 9 Euro pro Kilogramm.

Berg, Geschäftsführer der Central Bakers Guild, sagte, Verbraucher seien bereit, Schlange zu stehen und höhere Preise zu zahlen, wenn sie mit hoher Qualität belohnt würden – und das nicht nur in Großstädten. „Die Bäckereiindustrie wird nicht in der Lage sein, eine billige Strategie zu verfolgen; sie ist zu arbeitsintensiv“, sagte Gewerkschaftsmitglied Pientka.

Bäckermeister sind schon lange auf Social-Networking-Plattformen aktiv und stellen auch in Videos ihr Können im Brotbacken unter Beweis. „Gutes Brot entsteht mit Hingabe, Erfahrung, Zeit und hochwertigen Rohstoffen“, schrieb ein junger Bäcker auf Instagram aus der Uckermark in Brandenburg, die auch Berliner Hipster anzieht. Aber auch eine moderne Bäckerei im Allgäu bietet „Kompaktkrumen“- und „handgeschlagenes“ Brot an.

„Wir erleben eine Renaissance der Backbranche“, sagte Verbandsgeschäftsführer Berg. Im vergangenen Jahr wurden 422 neue Unternehmen gegründet. „Um die Zukunft der Bäckereibranche müssen wir uns keine Sorgen machen.“

Quelle: www.dpa.com

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