Bundesbank-Präsident Joachim Nagel erwartet im Euroraum weitere Zinserhöhungen über den März hinaus. «Wir müssen meines Erachtens die Zinsen darüber hinaus anheben, um die notwendige Bremswirkung zu erreichen, mit der wir die Inflation zügig und nachhaltig auf zwei Prozent zurückführen», sagte Nagel, der im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Geldpolitik mitentscheidet, der «Börsen-Zeitung» in einem am Dienstag vorab veröffentlichten Interview. «Wenn wir zu früh nachlassen, besteht die große Gefahr, dass sich die Inflation verfestigt.»
Die EZB hatte am Donnerstag zum fünften Mal in Folge die Zinsen im Euroraum angehoben und eine weitere Erhöhung um weitere 0,5 Punkte für die Sitzung am 16. März in Aussicht gestellt. Der Leitzins im Euroraum liegt inzwischen bei 3,0 Prozent. Der Einlagensatz, den Geschäftsbanken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, beträgt 2,5 Prozent. «Wegen der weiter viel zu hohen Inflation sind die kurzfristigen Realzinsen noch immer deutlich negativ. Bei aller Unsicherheit: Für mich sieht das nicht nach restriktivem Bereich aus», sagte Nagel. «Aus meiner heutigen Sicht braucht es weitere signifikante Zinserhöhungen.»
Höhere Zinsen können die Inflation dämpfen, weil sich Kredite verteuern und das die Nachfrage bremst. Im Januar schwächte sich der Preisauftrieb zwar erneut ab, dennoch lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum um 8,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Vor allem Energie und Lebensmittel heizen die Teuerung an.
«Niemand sollte unterschätzen, wie ernst es dem EZB-Rat damit ist, die Inflation rasch wieder auf zwei Prozent zu bringen», betonte Nagel. «Wir haben Preisstabilität noch lange nicht erreicht, unser Job ist noch nicht erledigt. Zinssenkungen stehen für mich auf absehbare Zeit überhaupt nicht auf der Agenda.»