Yussuf Poulsen war schwer beeindruckt. Vor einer Woche hatte RB Leipzig im Supercup den FC Bayern mit 3:0 entzaubert. Nun bekam sein eigentlich nicht enttäuschendes Team beim 2:3 zum Bundesliga-Auftakt von Bayer Leverkusen selbst die Grenzen aufgezeigt. Was anders war als in der Vorwoche gegen die Bayern, wurde Poulsen als Erstes gefragt. Und er antwortete ohne Zögern: «Es war ein anderer Gegner!»
Ist Bayer also schon besser als die Bayern? Quervergleiche verbieten sich, auch wenn nur eine Woche zwischen den Spielen liegt. Doch die Werkself hatten nach dem guten zweiten Halbjahr der Vorsaison unter Trainer Xabi Alonso und dem starken Transfer-Sommer ohnehin schon viele als Geheimfavorit auf dem Zettel. Und seit der beeindruckenden Leistung am Samstag gegen den Pokalsieger und Vorjahres-Dritten werden es noch mehr werden.
Das Wort «Meisterschaft» nimmt in Leverkusen noch niemand in den Mund. Doch besonders tief stapeln sie bei Bayer auch nicht. «Es war im Vorhinein klar: Wer dieses Spiel gewinnt – und das waren nun eben wir – setzt ein Statement. Und das ist es nun auch meiner Meinung nach», sagte der aus Mönchengladbach gekommene Nationalspieler Jonas Hofmann. Eine Aussage, die sein Trainer Alonso übrigens mit einem Lächeln einkassierte. «Das war ein Statement für nächsten Samstag», sagte er: «Wir schauen nämlich nur von Spiel zu Spiel.»
Doch auch der frühere Welt- und Europameister als Spieler kündigte an, in zwei Wochen schon mal ein kleines Zwischenfazit ziehen zu wollen. «Die drei Spiele bis zur ersten Länderspiel-Pause sind sehr wichtig», sagte er: «Wenn wir gut anfangen, haben wir vielleicht auch gute Chancen auf ein gutes Ende.» Bis dahin spielt Bayer noch in Mönchengladbach und gegen Aufsteiger Darmstadt, direkt nach der Pause geht es dann am Freitag zu den Bayern. «Natürlich haben wir Ambitionen», sagte Alonso und wiederholte: «Aber wir dürfen nicht dumm sein.» Will heißen: Sich von den vielen Lobeshymnen nicht einlullen lassen.
Doch wie die neuformierte Bayer-Mannschaft mit den vielen Vorschuss-Lorbeeren über die Sommerpause zum Auftakt gegen Leipzig umging, war tatsächlich ein Statement. Und zwar ein bewusstes. «Wir wollten ein Zeichen setzen, dass alle Mannschaften, die zu uns kommen, auf nix hoffen dürfen», sagte der neue Mittelfeld-Chef Granit Xhaka, der nach sieben Jahren beim FC Arsenal in die Bundesliga zurückkehrte.
Überhaupt hatten die Neuzugänge einen starken Einfluss. Club-Chef Fernando Carro hatte im Vorfeld berichtet, dass die fünf bis Samstag geholten Spieler «immer unsere Top-Eins-Kandidaten» gewesen seien: «Das ist nicht so häufig der Fall, dass das gelingt.» Gegen Leipzig spielten alle, vier standen in der Startelf. «Wir haben einen klaren Einfluss gesehen», sagte Alonso: «Die Stabilität, die Qualität, das Verhalten im Ballbesitz waren etwas besser. Und für mich ist es einfacher, wenn ich bessere Spieler habe.» Die Leverkusen spätestens seit Samstag zu einem echten Geheimfavoriten machen.