Das katholische Bistum Bayern hat seit den aufsehenerregenden Missbrauchsmeldungen im Erzbistum München und Freising mehr als 100 neue Hinweise auf Verdachtsfälle erhalten. Mindestens 116 Meldungen gingen in diesem Jahr bei Diözesen im Freistaat ein, so eine Erhebung der Deutschen Presse-Agentur.
Allein in der Erzdiözese München und Freising gingen seit der Veröffentlichung bis Ende November 54 neue Meldungen ein. Dazu gehören laut einer Sprecherin auch “Grenzverletzungen, die nicht in den Anwendungsbereich sexueller und bekannter Missbrauchsfälle fallen”.
„Melde von Missbrauchsmeldungen im Erzbistum München haben sicherlich viele Menschen dort ermutigt, sich zu melden“, sagt Matthias Katsch, Sprecher der Opferinitiative „Eckiger Tisch“. Das Bistum Augsburg meldete im Jahr 2022 insgesamt 23 Erstanträge auf Anerkennungsleistungen für Opfer sexuellen Missbrauchs, das Erzbistum Bamberg dieses Jahr 17 bekannte Fälle.
Weitere Dunkelziffern
Neun Opfer wurden dem Bistum Passau gemeldet, sechs davon gaben an, von einem Priester missbraucht worden zu sein, der als beschuldigter Täter bekannt ist. Seit dem 20. Januar sind dem Bistum Regensburg nach Angaben eines Sprechers 12 Anzeigen wegen mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs eingegangen. Ein mutmaßliches Opfer habe es dem Bistum Eichstätt gemeldet, das Bistum Würzburg habe auf Anfrage keine Zahlen genannt, berichtet München.
Das von der Diözese bei einer Münchener Anwaltskanzlei in Auftrag gegebene Gutachten sorgte bei seiner Veröffentlichung im Januar für weltweites Aufsehen. Die Studie geht von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus – und vielen weiteren Dunkelziffern.
„Es ist nicht verwunderlich, dass in diesem Jahr mehr Menschen Opfer sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester wurden“, sagte Katsch, Sprecher von „Eckiger Tisch“. “Aber vielleicht sehen wir immer noch nur die Spitze des Eisbergs.”