Aussteiger um Gruppe von Lina E.: Bei Taten sicher gefühlt
Nach Ansicht eines Aussteigers der gewaltbereiten linken Szene haben sich Akteure bei der Begehung von Straftaten relativ sicher gefühlt. «Niemand war auf dem Schirm der Sicherheitsbehörden», sagte der junge Mann am Dienstag im Untersuchungsausschuss zu politischer Gewaltkriminalität im Thüringer Landtag. Der Mann war einst Kronzeuge im Prozess gegen die Linksextremistin Lina E. und steht in einem Zeugenschutzprogramm. Die Sicherheitsvorkehrungen im Landtag waren während der Vernehmung hoch: Taschen wurden mit einem Spürhund durchsucht, die Vernehmung fand in einem geheimen Raum statt und wurde live übertragen.
Der Zeuge erläuterte, dass die Beteiligten keinen Repressionsdruck durch Sicherheitsbehörden gespürt hätten – jedenfalls nicht bis zu einem misslungenen Überfall in Eisenach im Dezember 2019.
Der CDU-Abgeordnete Mike Mohring nannte diese Aussagen nach der Sitzung des Untersuchungsausschusses spannend. «Es ist schon so, dass man sowohl beim Rechtsextremismus als auch beim Linksextremismus sagen kann, dass der Verfolgungsdruck höher sein könnte», sagte Mohring. Der AfD-Politiker Ringo Mühlmann sieht in den Angaben des Zeugen eine Bestätigung, «dass die mangelnde Ermittlungstätigkeit der Behörden, was den Linksextremismus angeht, zu großer Sicherheit und Selbstvertrauen in der Szene führt», so Mühlmann laut einer Mitteilung.
Der Zeuge schilderte auf Nachfragen teils seine Motivation, sich in der gewaltbereiten linksextremen Szene zu engagieren. «Weil Nazis angegriffen gehören», sagte er über seine damalige Motivation. Es habe niemand Neonazis für den Staat angegriffen, es habe auch keiner Lust oder Spaß bei den Angriffen empfunden. Vielmehr sei es um für die Gesellschaft «schädliche Positionen» der Neonazis als Grund gegangen. «Die wurden angegriffen, weil sie Neonazis waren und nicht in das ideologische Weltbild gepasst haben», sagte er. Es sei aber nie darum gegangen, Menschen zu töten, ihren Tod oder tödliche Verletzungen billigend in Kauf zu nehmen.
Seine Verbindungen nach Thüringen beschränkten sich seinen Angaben zufolge darauf, dass bei dem Überfall in Eisenach zwei Angreifer mit dabei gewesen seien, die gebürtig aus Weimar stammten.
Mitglieder im Untersuchungsausschuss versuchten, mit Fragen mehr über eine mögliche Thüringer linksextreme Szene und deren Struktur zu erfahren, doch der Zeuge betonte mehrfach, nichts zu möglichen Thüringer Verbindungen beitragen zu können.
Das Oberlandesgericht Dresden hatte Lina E. und drei Männer am 31. Mai wegen Überfällen auf angebliche oder tatsächliche Neonazis in Leipzig, Wurzen und Eisenach verurteilt. Lina E. wurde wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Die Bundesanwaltschaft hatte acht Jahre gefordert. Der Generalbundesanwalt warf der Gruppe vor, zwischen 2018 und 2020 tatsächliche oder vermeintliche Neonazis in Leipzig, Eisenach und in der Ortschaft Wurzen brutal zusammengeschlagen zu haben.
Die drei Mitangeklagten erhielten Strafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten und drei Jahren und drei Monaten. Sowohl die Bundesanwaltschaft als auch Lina E. und die drei mit ihr verurteilten Männer legten gegen das Urteil Revision ein.
Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss kritisierte die Vernehmung des Zeugen im Untersuchungsausschuss. Das Oberlandesgericht Dresden habe bereits vor Monaten erklärt, dass der geladene Zeuge keinerlei Informationen zu Thüringen geben könne, sagte die Abgeordnete. Es habe sich bestätigt, dass es aus der Vernehmung keine Erkenntnisgewinne über das, was bereits bekannt sei, hinaus gegeben habe. «Das war heute eine enorme Zeit- und Ressourcenverschwendung.»
Vertreter der Fraktionen von CDU und AfD verteidigten die Vernehmung. Der Zeuge war auf Antrag der CDU geladen worden. Die Ausschussmitglieder von Linke, SPD und Grüne verzichteten komplett auf Fragen an den Zeugen. Der CDU-Abgeordnete Raymond Walk wies darauf hin, es sei wichtig, dass die Informationen in die Protokolle kämen, auch, um sie in einen Abschlussbericht einfließen lassen zu können.
Quelle: www.bild.de