Nein, liebe Leserinnen und Leser, ich habe mich nicht im Kalender vertan. Heute ist nicht der 8. März und dieser Beitrag kommt bewusst verspätet. Denn wie jedes Jahr, frage ich mich, ob es bei diesem wichtigen Datum wirklich nur um Blumen und Pralinen geht, oder ob mehr dahinter stecken sollte?
Der 8. März meiner Kindheit
Ich bin in Russland geboren und aufgewachsen, daher war der 8. März immer ein besonderes Ereignis. Im Kindergarten und in der Schule starteten schon Wochen im Voraus die Vorbereitungen auf den heiligen Frauentag. Als Kinder haben wir Karten und Blumen gebastelt, Lieder und Gedichte für unsere Mamas und Omas auswendig gelernt, Konzerte vorbereitet und uns als kleine Mädchen selbst darauf gefreut.
Der 8. März war damals nicht nur ein Feiertag, das war ein regelrechtes Fest! Zu Hause gab es immer ein festliches Essen und fiel der 8. März auf ein Wochenende, so wurde zusätzlich ausgiebig mit der Verwandtschaft gefeiert. In unserer Familie halten wir bis heute an diesen Traditionen fest. Zwar gibt es keine Konzerte und ausgiebige Feiern mehr, doch die Frauen werden zumindest mit Blumen und Geschenken bedacht.
Über die Ursprünge des Weltfrauentags
In den letzten Jahren hat für mich der Weltfrauentag eine zusätzliche Bedeutung gewonnen. Das fing damit an, dass ich mich aus reinem Interesse über die Ursprünge des besonderen Datums informiert habe. Der Frauentag entstand erstmals am 19. März 1911 und ging aus einer Initiative von sozialistischen Frauenorganisationen hervor. Vor dem Ersten Weltkrieg kämpfen die Frauen um Gleichberechtigung und um das Recht wählen zu dürfen. Auf der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen in Moskau im Jahr 1921 wurde das Datum auf den 8. März festgelegt.
Erst 1975 wurde der 8. März von den Vereinten Nationen im Rahmen des Internationalen Jahrs der Frau zum „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ und zum Internationalen Frauentag erklärt. Mittlerweile gilt der 8. März in 25. Ländern als gesetzlicher Feiertag. In Deutschland gilt der 8. März allerdings nur im Bundesland Berlin als gesetzlicher Feiertag.
Die Situation der Frauen
Trotz des unermüdlichen Engagements vieler Aktivistinnen, Initiativen und Organisationen, gibt es beim Thema Frauenrechte und Gleichberechtigung noch viel zu tun. In vielen Ländern dieser Welt sind Frauen und Mädchen nach wie vor Gewalt ausgesetzt und verfügen bei Weitem nicht über die gleichen Rechte wie Männer.
Der 8. März wird daher als Anlass genommen, um verstärkt auf die Situation der Frauen und Mädchen, die Diskriminierung und Benachteiligung erfahren, aufmerksam zu machen. Es gibt auch viele kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass man nicht nur am 8. März auf die Missstände verweisen soll. Die Unterdrückung und die fehlende Gleichberechtigung in vielen Bereichen des Lebens sind leider ein dauerhaftes Problem, das nicht nur an einem Tag im Jahr, sondern immer bekämpft werden muss.
Auch die übermäßige Kommerzialisierung des Feiertags stellt für viele ein Problem dar. Am 8. März sollte es nicht um Luxus und Selfies für Instagram gehen, sondern um Gleichberechtigung und Stärkung der Frauenrechte auf der ganzen Welt. Und tatsächlich ist es schon ein wenig traurig, dass wir in solchen fortgeschrittenen Ländern und Gesellschaften, wie etwa in Deutschland, heutzutage noch über gleiche Bezahlung zwischen Mann und Frau sowie über Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen diskutieren müssen.
#BreakTheBias
Der Internationale Frauentag stand in diesem Jahr unter dem Motto #BreakTheBias. Zu Deutsch heißt es so viel wie: Mit den Vorurteilen brechen. Dies ist ein zusätzliches Problem unserer Gesellschaft, dass Frauen oft mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Wie oft erleben sie im Alltag die Situation, dass ihnen etwas nicht zugetraut wird, „nur“ weil wir Frauen sind.
Frauenrechtlerinnen und Frauenorganisationen haben daher in diesem Jahr dazu aufgerufen, mit Vorurteilen und Stereotypen zu brechen, damit wir in einer Welt ohne Diskriminierung und Benachteiligung leben können, wo alle die gleichen Chancen haben.
Wer weiß, vielleicht werden wir in den nächsten Jahren so viele Fortschritte machen, dass irgendwann am 8. März tatsächlich nur noch Blumen und Geschenke für Frauen im Vordergrund stehen werden, und nicht mehr die Probleme mit gerechter Bezahlung, Diskriminierung oder Verletzung der Frauenrechte.
Jeder Tag ist ein Frauentag
Die Frauen leisten heutzutage eine unglaubliche Arbeit und meistern einen Spagat zwischen Beruf, Beziehung, Kinder, Haushalt und oft auch Ehrenamt. Das Engagement der Frauen für ihre Familien oder für den Job wird mittlerweile oft als selbstverständlich hingenommen und nicht als eine beordere Leistung hervorgehoben. Dabei kommen die Frauen aber oft an ihre Grenzen. Aber ehrlich gesagt, bestehen wir Frauen selbst nicht durchgehend darauf, für unsere tägliche Leistung ununterbrochen gelobt zu werden. Sollten wir? Schwer zu sagen. Doch eine Anerkennung und Würdigung unseres Leistung seitens des persönliches Umfeldes oder der Gesellschaft wäre gewiss nicht verkehrt.
Bleibt zu hoffen, dass das Bewusstsein, wie viel Frauen täglich eigentlich leisten, in der Gesellschaft weiter wächst. In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurde bereits viel erreicht, dennoch ist da noch viel Luft nach oben. Jede Frau hat ihre eigene Haltung zum 8. März. Während die einen für Rechte und Gleichstellung kämpfen, freuen sich die anderen über Blumen und Geschenke. Aus meiner Sicht kann man beides miteinander wunderbar kombinieren. Das eine schließt das andere nicht aus.
Wenn ich eine Möglichkeit bekomme, auf einen Missstand hinzuweisen, nutze ich diese Gelegenheit. Aber zu Aufmerksamkeiten in Form von Blumen, Geschenken oder netten Worten am 8. März seitens meiner männlichen Familienmitgliedern, sage ich bestimmt nicht „nein“. Dennoch unterstütze ich den Gedanken, dass nicht nur am 8. März an die Frauen gedacht werden soll. Eigentlich sollte jeder Tag ein Frauentag sein.