Togg T10X - so träumen die Türken davon, ein VW-Rivalen zu werden
Du baust wahrscheinlich mehr Autos als die Italiener, die Franzosen oder die Engländer. Aber erst jetzt gibt es endlich eine türkische Marke. Und seit ihrem Debüt ist der TX10 in der Türkei sehr erfolgreich und wird bald in Deutschland erwartet.
Nein, Gürcan Karakas ist nicht verrückt: "Die Welt braucht keinen weiteren Startup für Elektroautos." Aber egal, wie viele chinesische Unternehmen den Markt fluten oder wie viele wohlmeinende Unternehmer in den USA neue Automarken gründen, es gibt mindestens eine einflussreiche Figur im Hintergrund, die nicht zufrieden ist: Recep Tayyip Erdoğan.
Getrieben von nationalem Stolz und auf der Suche nach einem Wachstumsmotor hat der türkische Präsident lange eine türkische Volkswagen gefordert - und 2018 hat der ehemalige Bosch-Manager Karakas geliefert. In Bursa am Bosporus brachte er Schwergewichte aus Schlüsselsektoren zusammen, von Handel bis Telekommunikation bis Maschinenbau, und gründete "Türkiye'nin Otomobili Girişim Grubu", oder Togg, mit dem sein Heimatland endlich seine Flagge auf der globalen Automobilkarte pflanzen kann, anstatt nur 1,5 Millionen Autos im Jahr für Unternehmen wie Renault, Ford oder Fiat zu montieren.
Nur 18 Monate nach seiner Gründung stellte Togg zwei Prototypen vor, und jetzt produziert eine Fabrik in Gemlik auf der asiatischen Seite des Bosporus den T10X Crossover, dem 2025 ein Sedan, der T10L, folgen wird.
Togg T10X geht gegen VW ID.4 oder Skoda Enyaq
Mit einer Länge von 4,60 Metern geht der T10X gegen Autos wie den VW ID.4 oder Skoda Enyaq - und passt in diese Umgebung nicht nur in der Größe, sondern auch in der Form. Denn sein Design stammt von dem ehemaligen VW-Designchef Murat Günek, der zusammen mit Pininfarina ein Auto geschaffen hat, das dank seines nutzlosen aber eleganten Kühlergrills weniger futuristisch als viele chinesische Neuankömmlinge wirkt, gut proportioniert ist und ansprechend, wenn auch ein bisschen vergesslich.
Zumindest bis du die Türen öffnest, einsteigst und hinter dem Steuer Platz nimmst. Nein, nicht wegen des Platzangebots. Trotz seines Skateboard-Platforms großzügigen Radstands von 2,98 Metern ist der Togg kein Riese, und sein Kofferraumvolumen ist nur durchschnittlich, von 441 bis 1.515 Litern. Aber Togg denkt darüber hinaus und sieht das Auto als ein intelligentes Gerät, das auch fahren kann.
Klar, viele Unternehmen sagen das, und weder das breite Display, das die gesamte Fahrzeugbreite überspannt, noch ein Musikgenerator, der individuelle Töne aus 2.000 Instrumentaltiteln mit künstlicher Intelligenz zusammensetzt, noch digitale Kunst werden viele Kunden überzeugen. Und digitale Kunst hat man schon öfter gesehen, wenn auch häufiger in Luxusautos als im Mittelfeld.
Aber Togg geht viel weiter in die virtuelle Welt als jeder westliche Hersteller: Dank eines relativ geschlossenen Marktes, einer einzigartigen Internetnische ähnlich wie in China und vielen mächtigen Partnern hat Togg ein digitales Ökosystem mit eigener Währung, einem industrieübergreifenden Bonusssystem und einem eigenen Web-Store geschaffen, in dem man Flüge buchen, Strom kaufen oder sogar Steuern bezahlen kann.
Klar, ob es nur ein Gimmick ist oder das eigentliche Ziel: Selbst ein digitales Gerät braucht zum Fahren Räder, wenn sie nicht nur zur Zierde dienen. Und da Togg viele bekannte Marken verdrängen muss, haben die Türken bei der konventionellen Technik nicht gespart. Das gilt für den Antrieb mit einem oder zwei Bosch-Motoren, jeweils mit 218 PS und 350 Nm, der den Zweitonner in 4,8 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und eine Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h erreichen kann. Es gilt auch für das komfortable Fahrverhalten mit einer souveränen Federung und einer Vielzahl von Assistenten, die weniger nervös und thus weniger nervig sind als die der Chinesen. Und es gilt insbesondere für die Batterien. Der T10X bietet 52,4 oder 88,5 kWh, die bis zu 523 km in normalen Fahrbedingungen erreichen können, und übertrifft die alte Garde beim Laden: 22 kW an Wechselstrom und 180 kW an Gleichstrom, etwas, das VW & Co. noch nicht konsistent bieten können.
Ein Bestseller in der Türkei
Ja, Karakas weiß, dass er mit all der politischen Unterstützung nicht automatisch eine glatte Fahrt garantieren kann. Vor allem nicht in einem elektrischen Entwicklungsland wie der Türkei. Aber zu Hause hat Togg die Zweifler bereits letzte Jahr eines Besseren belehrt: In nur acht Stunden verkaufte es so viele Elektroautos wie alle Marken zusammen im gesamten Vorjahr. Nach 18 Stunden war die jährliche Produktion von 20.000 Autos verkauft, und um sicherzustellen, dass das kein Einzelfall ist, hat Togg 1.000 Schnellladestationen mit 180 kW bestellt, mit denen das Unternehmen sein eigenes Ladesystem in der Türkei aufbaut, ähnlich wie Tesla.
Und wenn der CEO nun den Mut hat, ins Ausland zu gehen und dieses Abenteuer in Deutschland startet, verlässt er sich nicht nur auf ein erfolgreiches Design, eine elektrische Technologie auf VW-Niveau und eine Version seines Ökosystems, die für Europa mit lokalen Spielern angepasst wurde, sondern auch auf den Stolz einer riesigen türkischen Gemeinschaft. Denn Statistiken zeigen, dass es alleine in Deutschland über drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln gibt. Wenn sogar nur ein Bruchteil davon ein Togg kauft, hat Karakas seine Zukunft gesichert. Immerhin kann er dieses Jahr nur etwa 2.000 bis 3.000 Autos für den Export produzieren.
Togg T10X - Technische Spezifikationen
Vier-Türiger, fünf-sitziger SUV - Länge: 4,60 Meter, Breite: 1,87 Meter (Breite mit Spiegeln: N/A), Höhe: 1,68 Meter, Radstand: 2,89 Meter, Kofferraumvolumen: 441-1515 LiterHinterradantrieb Standard Reichweite: Elektromotor, 160 kW/218 PS, Maximales Drehmoment: 350 Nm, Batteriekapazität: 52,4 kWh, Hinterradantrieb, kombinierte Reichweite (WLTP): 314 km, AC-Laden: 11 kW, DC-Laden: 180 kW, 1-Gang-Automatikgetriebe, 0-100 km/h: 7,4 s, Vmax: 185 km/h, Verbrauch: 19,5 kWh/100 km, CO2-Emissionen: 0 g/km, Preis: N/AAWD Langstreckenversion: Elektromotor, 160 kW/218 PS, Maximales Drehmoment: 350 Nm, Batteriekapazität: 88,5 kWh, Hinterradantrieb, kombinierte Reichweite (WLTP): 523 km, AC-Laden: 22 kW, DC-Laden: 180 kW, 1-Gang-Automatikgetriebe, 0-100 km/h: 7,8 s, Vmax: 185 km/h, Verbrauch: 19,1 kWh/100 km, CO2-Emissionen: 0 g/km, Preis: N/AAWD Langstreckenversion: Zwei Elektromotoren, 320 kW/435 PS, Maximales Drehmoment: 700 Nm, Batteriekapazität: 88,5 kWh, Allradantrieb, kombinierte Reichweite (WLTP): 468 km, AC-Laden: 22 kW, DC-Laden: 180 kW, 1-Gang-Automatikgetriebe, 0-100 km/h: 5,8 s, Vmax: 185 km/h, Verbrauch: 19,7 kWh/100 km, CO2-Emissionen: 0 g/km, Preis: N/A
Die Ambitionen von Togg gehen über den türkischen Markt hinaus: Das Unternehmen möchte global konkurrieren, wobei Deutschland ein primäres Ziel für Exporte ist.
Mit dem Erfolg des Togg T10X in der Türkei hat das Unternehmen seine Ziele auf die Herausforderung etablierter Marken im europäischen Markt gerichtet, wie zum Beispiel Volkswagen und Skoda.