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Roman der Ewigen Ära – 100. Jahrestag von „Der Zauberberg“

Zeit ist ein zentrales Thema in Thomas Manns weltweit erfolgreichem „Der Zauberberg“. Es ist hundert Jahre her, seit es in den Buchhandlungen erschien. Es ist alles andere als veraltet.

Cover von Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“. Foto.aussiedlerbote.de
Cover von Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“. Foto.aussiedlerbote.de

Literatur - Roman der Ewigen Ära – 100. Jahrestag von „Der Zauberberg“

Das Buch ist zu dick, um es fertigzustellen? Tausende Seiten Text, und allein das Taschenbuch wiegt mehr als ein halbes Kilogramm – daher kommt es, Thomas Manns Der Zauberberg. Manche Leser geraten beim Aufstieg auf den Berg der Literatur schon außer Atem. Aber wenn Sie süchtig nach Lesen sind, wird Ihnen eine Reise durch Zeit und Raum, in die verschneite Welt der Schweizer Berge, in das luxuriöse Sanatorium „Berghof“ und seine exzentrischen Bewohner ein Leben lang in Erinnerung bleiben.

Ob im deutschen Original oder mit Titeln wie „Der Zauberberg“, „La montaña mágica“ oder „La montagna incantata“, dieser Historienroman hat eine weltweite Fangemeinde. Seit seiner Veröffentlichung im Jahr 1924 sind nun hundert Jahre vergangen. 2024 ist also das Jubiläum. In Lübeck, wo der Autor 1875 geboren wurde, startet das Buddenbrookhaus im Januar ein großes Jubiläumsprogramm mit einer Reihe von Vorträgen, Konzerten, Filmen und Diskussionen. Manns Verleger S. Fischer plant, im Herbst eine Sonderausgabe von New Review zu veröffentlichen, in der zeitgenössische Schriftsteller den Roman rezensieren. „The Magic Mountain“ ist auch in Thomas Manns Haus im abgelegenen Pacific Palisades, Kalifornien, zu sehen, wo der Nobelpreisträger von 1929 ein Jahrzehnt im Exil verbrachte. Dies ist ein zeitgenössischer Roman, der vor dem Ersten Weltkrieg spielt, uns aber auch heute noch viel zu sagen hat.

Aus drei Wochen Urlaub wurden sieben Jahre

Um was geht es hierbei? 1907 reiste der angehende Ingenieur Hans Castorp im Sommer für drei Wochen von Hamburg in die Schweizer Alpen, um seinen an Tuberkulose erkrankten Cousin Joachim Zi in einem Sanatorium bei Davos zu besuchen. Joachim Ziemßen. Doch der morbide Charme des von Hofrat Behrens geführten Lokals faszinierte ihn und er blieb dort. Aus drei Wochen wurden schließlich sieben Jahre, die er „mit den Menschen hier“ verbrachte.

Zwei Intellektuelle wollten den jungen Mann beeinflussen: Lodovico Settembrini, ein italienischer Humanist und Freimaurer, und sein ideologischer Rivale, der reaktionäre Jesuit Leo·Leo Naphta. Hans verbringt eine Liebesnacht mit der geheimnisvollen Russin Claudia Josha, die im Roman nur angedeutet wird. Er war Zeuge, wie sein Cousin Joachim und die anderen Bewohner des Hauses an Schwindsucht starben. Für ihn wird es gefährlich, als er sich in einem Schneesturm verirrt, an Halluzinationen leidet und Schwierigkeiten hat, den Weg zurück zum Berghof zu finden.

Eingehüllt in Wolldecken entspannen sich die Bergbewohner zwischen fünf Mahlzeiten am Tag auf den Balkonen im streng hierarchisch geordneten Siebentisch-Speisesaal. Es verging Tag für Tag, Monat für Jahr, bis 1914 der „Donnerschlag“ ertönte und der Erste Weltkrieg ausbrach. Die herrliche Welt im Schnee verschwand, jeder ging seinen eigenen Weg, und von den Schlachtfeldern Flanderns verschwand keine Spur von Hans Castorp.

viele zeitlose Themen

Vor langer Zeit könnte man sagen. Doch neben den großartigen Landschaftsbeschreibungen, den fesselnden Charakteren, den brillanten Dialogen und der klug ironischen und entzückenden Lektüre von Thomas Mann enthält „Der Zauberberg“ auch viele zeitlose Themen: Krankheit und Tod, Erotik, Individualität, die Natur des geistige Grundlage der europäischen Ära, der Konflikt zwischen einer offenen Gesellschaft und ihren Feinden. In Thomas Manns Werk waren die aufklärerischen Optimisten Settembrini und Nafta, die sowohl mit dem Faschismus als auch mit dem Kommunismus sympathisierten, in einen endlosen Streit verwickelt, der in einem Duell endete. Heutzutage bedrohen Fundamentalismen aller Art die freie Meinungsäußerung und die künstlerische Freiheit.

Der Zauberberg ist in zweierlei Hinsicht ein zeitgenössischer Roman. Als historischer Roman bietet er einerseits einen Panoramablick auf eine im Niedergang begriffene Vorkriegsgesellschaft. Andererseits ist es ein Roman über persönliche Zeiterfahrungen. Im seltsamen Mittelreich des Berghofs verloren Castorp und seine Gefährten das Zeitgefühl. Die Erzählstruktur des Romans berücksichtigt auch die Zeit; je weiter man vordringt, desto schneller beschleunigt sich die Handlung. Während die erste Hälfte des Textes (also 500 Seiten) nur sieben Monate nach Castorps Ankunft umfasst, ist die zweite Hälfte auf sechs Jahre verdichtet.

Thomas Mann hat übrigens viel Zeit in dieses Buch gesteckt. Er begann damit im Juli 1913, da er eigentlich nur eine Novelle als heiteren Kontrapunkt zum Tod in Venedig schreiben wollte, als er während einer Kurbehandlung für seine Frau Katia die Welt der Schweizer Sanatorien kennenlernte. Nach Kriegsausbruch unterbrach er seine Arbeit und verfasste rechtsgerichtete Artikel wie „Gedanken zum Krieg“ und „Gedanken eines unpolitischen Menschen“. Er schrieb The Magic Mountain bis 1919 weiter und das Buch erschien im November 1924 in den Buchhandlungen.

Geprägt von Generationen von Schriftstellern

In dieser Zeit wandelte sich Thomas Mann von einem Monarchisten, der 1914 den Krieg bejubelte, zu einem überzeugten Verteidiger der Weimarer Republik. Durch seine Radiosendung „Deutscher Zuhörer!“ ging er ins US-Exil und wurde später zum Gegner Adolf Hitlers.

Die globale Version von The Mountain ist unbekannt, es gibt jedoch Übersetzungen in 27 Sprachen, 5 auf Englisch und 3 auf Portugiesisch. Er beeinflusste Generationen von Schriftstellern. Die amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag (1933-2004) sagte bei der Verleihung des Friedenspreises der Deutschen Buchindustrie 2003: „Kein Buch in meinem Leben war so wichtig wie Der Zauberberg.“ Das verriet der mexikanische Schriftsteller Jorge Volpi (55) kürzlich auf der Buchmesse in Guadalajara Dass er mit „Der Zauberberg“ seinen Erfolgsroman „Das Klingsor-Paradoxon“ (2001) schrieb, war die Inspiration, und auch die deutsche Fassung des Romans war sehr erfolgreich.

Für Hans Wißkirchen, Präsident der Deutschen Thomas Mann Gesellschaft, ist der internationale Erfolg keine Überraschung. „Die Charaktere des Romans und die Debatten, Konflikte, Liebesgeschichten und Todesfälle, die sich auf diesem magischen Berg abspielen, haben eine internationale Reichweite und Breite, die Europa und weite Teile der Welt abdeckt“, sagte Wiskirchen der Deutschen Presse-Agentur. „Damit hat der Roman einen internationalen Resonanzraum geschaffen, der bis heute nachwirkt.“

Thomas Mann, The Magic Mountain, Fisher Taschenbuch, 1008 Seiten, 19 €, ISBN: 978-3-596-29433-6

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Quelle: www.stern.de

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