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Wer und warum liebt Putin? Oskar Lafontaine

Oskar Lafontaine, einst als politischer Erbe von Willy Brandt bekannt und Symbol einer vergangenen deutschen Politikära, zog sich 2022 aus der Politik zurück. Überraschend hat er sich jedoch im Alter den Putinverstehern angeschlossen.

Wer und warum liebt Putin? Oskar Lafontaine | Foto: Oliver Dietze/dpa

Oskar Lafontaine verkörpert eine ganze Ära der deutschen Politik, allerdings eine längst vergangene. Einst wurde er von Willy Brandt selbst als sein politischer Erbe bezeichnet. Doch das Erbe ist längst verbraucht, und Lafontaine selbst erklärte im Jahr 2022 seinen Rückzug von der politischen Bühne. Umso erstaunlicher ist es, dass er sich im Alter dazu entschieden hat, sich dem Ensemble der Putinversteher anzuschließen.

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Erbe von Willy Brandt

Oskar Lafontaine wurde 1943 in Saarlouis geboren.

Sein Vater Hans fiel in den Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Lafontaine absolvierte ein katholisches Gymnasium und studierte dann Physik an den Universitäten des Saarlandes und Bonn. Schon als Student trat er der SPD bei. 1969 erlangte er sogar einen akademischen Grad.

Ein Jahr später wurde Lafontaine in Behörden, die die Industrie regulierten, zur Arbeit herangezogen. Dort machte er die ersten Schritte zu seiner Popularität.

  • 1975 betrachtete die SPD Lafontaine als alternativlosen Kandidaten der Partei für das Amt des Oberbürgermeisters von Saarbrücken. Lafontaine gewann glanzvoll die Wahlen zum Stadtoberhaupt und blieb zwei Amtszeiten hintereinander.
  • Von 1977 bis 1996, fast zwanzig Jahre lang, bekleidete er das Amt des Vorsitzenden der saarländischen SPD. Damals galt Lafontaine als der einflussreichste Politiker des Saarlandes.
  • 1985 wurde er der erste sozialdemokratische Ministerpräsident in der Geschichte dieses Bundeslandes.

Lafontaines Ruf in den 1980er Jahren war so tadellos, dass er sich sehr gewagte Äußerungen leisten konnte. Er kritisierte die Bundesregierung für die Stationierung von NATO-Truppen und Marschflugkörpern in der BRD und rügte gleichzeitig seine eigene Partei für das Bestreben, eine große Koalition mit der CDU zu bilden.

Gleichzeitig wandte er sich gegen jede Form der Nutzung der Atomenergie. Schon damals bezeichnete er die Lieferungen von Gas aus der UdSSR als Schlüssel zum Wachstum der deutschen Wirtschaft. Kurzum, Lafontaine stritt sich mit allen. Aber er gab nicht auf und zog die Mehrheit der einfachen SPD-Mitglieder auf seine Seite, was zum Sturz der Koalitionsregierung von Helmut Schmidt führte.

Kritiker bemerkten bereits damals, dass Lafontaine wie kein anderer in der Lage war, Konflikte zu schüren, wo es scheinbar keine gab, und jeden Anlass zu suchen, um „dagegen“ zu sein. Und es spielt keine Rolle, gegen was genau. Aber seitdem hat sich das Spitzname „Der Napoleon aus dem Saarland“ für Lafontaine etabliert.

Wer und warum liebt Putin? Oskar gegen Gerhard

1987 schlug Willy Brandt offiziell Lafontaines Kandidatur als seinen Nachfolger für den Vorsitz der SPD vor. Oskar lehnte ab, übernahm aber den Posten des Stellvertreters und leitete gleichzeitig die Kommission zur Entwicklung eines neuen Programms der Sozialdemokraten.

1985. Willy Brandt und Oskar Lafontaine. Foto: Imago Stock&People

Danach wurde Lafontaine zum SPD-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahlen 1990. Die Kampagne stand im Zeichen der bevorstehenden deutschen Wiedervereinigung. Lafontaine, ohne jemanden zu konsultieren, zündete eine Informationsbombe. Er erklärte, dass angesichts der gesamteuropäischen Integration die Schaffung eines einheitlichen deutschen Staates überflüssig sei. Und die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands bezeichnete er als „historischen Unsinn“.

Unklar ist, wie die Wahlen und die deutsche Wiedervereinigung verlaufen wären, wenn Lafontaine nicht aus dem Wahlkampf ausgeschieden wäre. Bei einer Kundgebung in Köln stach eine psychisch kranke Frau ihm ein Messer in den Hals, wobei sie beinahe die Halsschlagader traf. Während Lafontaine sich erholte, geriet die SPD in Aufruhr. Parteisprecher begannen, sich in ihren Aussagen zu „verwirren“, und im September stimmte das Parlament für eine sofortige und vollständige Wiedervereinigung. Diese Wahlen verloren die Sozialdemokraten.

Während des Wahlkampfs 1994 gehörte Lafontaine zusammen mit Gerhard Schröder und Rudolf Scharping zum sogenannten „SPD-Trio der Stars“. Aber wieder verhinderte er den Machtzugang seiner Parteigenossen, indem er einen Streit mit Scharping provozierte. Er schaffte es jedoch, Scharping den Posten des Parteiführers wegzunehmen, und war 1998 wieder im Spiel.

Warum er damals Schröder den Kanzlerkandidatenplatz überließ, weiß bis heute niemand. Entweder schlossen sie einen Vertrag über ein „sozialistisches Wettrennen“ (wer bei den lokalen Wahlen in seiner Heimat mehr Stimmen erhält), das Schröder gewann. Oder Lafontaine wurde bei Steuerhinterziehung für seine dienstliche Abgeordnetenwohnung erwischt... Wie dem auch sei, Oskar bekam den Posten des Finanzministers in der Regierung von Kanzler Gerhard.

Wer und warum liebt Putin? „Langweilig, immer zuzustimmen“

Nicht einmal anderthalb Jahre später brachte Lafontaine beinahe auch diese Regierung zu Fall. Diesmal reichte sein politisches Gewicht jedoch nicht aus. Und so verließ er an einem Tag sowohl den Ministerposten als auch den Vorsitz der SPD. Weder Schröder noch Journalisten konnten ihn erreichen. Als Lafontaine sich meldete, kommentierte er seine Schritte so: „Es ist langweilig, immer allem zuzustimmen“.

2005 trennte sich der einstige Brandt-Erbe endgültig von der SPD. Er driftete zu den Linken ab, wo er zwei Jahre später den Vorsitz der Partei Die Linke übernahm. Dort fand er scheinbar neue Kräfte und erzielte mit der Partei bei den Wahlen 2009 einen ernsthaften Erfolg. Doch schon ein Jahr später legte er sowohl den Parteivorsitz als auch sein Abgeordnetenmandat aus gesundheitlichen Gründen nieder.

Als Wladimir Putin die Ukraine-Krise provozierte, hätte Lafontaine das Publikum mit seinen Äußerungen nicht schockieren müssen. Aber er schwieg nicht. Im Gegenteil, seit der Annexion der Krim schwamm er gegen den Strom.

„Ich halte es für absolut falsch zu sagen, dass die Krim zurückgegeben werden muss.“

Mit solchen Aussagen wandte er sich an die Ukrainer.

„Das Hauptproblem war, dass die USA Moskaus Forderung, keine Militärobjekte an der russischen Grenze zu platzieren, strikt ablehnten“.

Das sagt der ehemalige Politiker und wirft den Amerikanern den Stein in den Garten. Oder diese Aussage:

„Die USA sind absolut nicht an Frieden interessiert. Im ukrainischen Konflikt sind gerade die USA der eigentliche Aggressor, dessen Größenwahn Russland bedroht“.

Prinzipiell könnte Lafontaine jetzt in jede politische Talkshow im russischen Fernsehen geschickt werden. Seiner Meinung nach sollten die Politiker, die die Führung der antirussischen Bewegung übernommen haben, „jetzt zugeben, dass alles, was sie zuvor gesagt haben, Unsinn war“, und „Europa zahlt den Preis für Washingtons Bestreben, eine Weltmacht zu werden, und die Feigheit seiner eigenen Führer“.

Für Lafontaine ist auch offensichtlich, dass hinter den Explosionen auf den „Nord Stream“-Pipelines die Amerikaner stecken und sie „acht Jahre lang die Ukraine auf den Krieg vorbereitet haben“. Es scheint, als ob er und Putin die gleichen Redenschreiber hätten. Aber es bleibt unklar, was einen so erfahrenen Politiker antreibt.

Eigennützige Interessen kann man sofort ausschließen: Lafontaine hat keine Verbindung zu Russland und war nur mit offiziellen Besuchen als Minister dort. Hier ist es etwas anderes: Entweder will er gegen den Strom schwimmen und weiterhin interessant sein, oder es ist ein Beispiel für aufrichtiges Verständnis von Präsident Putin. So aufrichtig, dass es selbst im heutigen Russland selten vorkommt.

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