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Unsterblichkeit ist Fantasy wie bei «Highlander»

Altern
Wie kann man gesund möglichst alt werden? Viel hängt vom Lebenswandel ab.

Wann fängt man an, alt zu werden? Das Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln gibt dazu auf seiner Website folgende Information: «Typische Anzeichen des Alterns, wie Falten oder nachlassende Leistungsfähigkeit, können schon mit 20 Jahren auftreten.» Von da an geht’s also bergab – für viele wohl eine deprimierende Nachricht. Allerdings nicht für Thomas Langer, den Geschäftsführenden Direktor des Instituts. «Deprimierend?», fragt der 59 Jahre alte Biologe geradezu überrascht und muss lachen. «Nein, deprimierend finde ich das nicht.»

Klar, auch er würde sich manchmal wünschen, noch mal 30 zu sein. «Alles andere wäre auch nicht menschlich. Aber ich sehe das nicht so einseitig negativ. Natürlich wird man als älterer Mensch keinen 100-Meter-Sprint mehr gewinnen, weil einfach die körperlichen Voraussetzungen dafür nicht mehr da sind. Aber dafür gibt es andere Beiträge zur Gesellschaft, die ganz wichtig sind. Man gewinnt etwa an Erfahrung und Gelassenheit. Ich habe die Beiträge der Großeltern zur Erziehung meiner Kinder als sehr wichtig empfunden.»

Gesund älter werden ist das Ziel

Die Natur hat Lebewesen verschieden viele Jahre zugedacht. Ein Grönlandhai kann rund 400 Jahre erreichen, unter Kiefern gibt es ein fast 5000 Jahre altes Exemplar, Methuselah genannt, wie der dänische Molekularbiologe Nicklas Brendborg in seinem Buch «Quallen altern rückwärts» schreibt. Die Turritopsis-Qualle entwickle sich bei Hunger oder plötzlichen Temperaturänderungen gar ins Polypenstadium zurück – als würde ein Schmetterling wieder zur Larve werden – und wachse danach von Neuem heran. «Das entspricht einem Menschen, der von seiner Arbeit gestresst ist und dann einfach wieder zum Kind wird, um von vorn zu beginnen.»

Die langlebigsten Landsäugetiere findet man: beim Menschen. «Den Altersrekord hält die Französin Jeanne Louise Calment, die am 4. August 1997 im Alter von 122 Jahren und 164 Tagen starb», heißt es vom Max-Planck-Institut. Viele Forschende sehen demnach ein Alter von etwa 120 Jahren als natürliche Obergrenze für den Menschen an. «Dies beruht auf der Beobachtung, dass die durchschnittliche Lebenserwartung im letzten Jahrhundert zwar gestiegen ist, die maximale Lebenserwartung sich jedoch nicht verändert hat und nahezu konstant bei etwa 120 Jahren liegt.»

Und doch: Viel länger leben zu können, wünschen sich viele Menschen innig. Ein Mittel zur Lebensverlängerung wäre eine Goldgrube. Entsprechend hohe Summen werden in die Forschung dazu gesteckt – mit bisher blassen Erfolgen. Zudem ist mehr Jahre gewinnen nicht alles: Gesund älter werden ist das Ziel. Viele Forschungsprojekte widmen sich der Vermeidung, Früherkennung und Behandlung altersbedingter Erkrankungen wie Demenz, Parkinson und Krebs. «Als Max-Planck-Institut versuchen wir, die Mechanismen des Alterns zu verstehen», sagt Langer.

Warum altern wir eigentlich?

Substanzen wie das Diabetesmittel Metformin werden derzeit als möglicherweise lebensverlängernd diskutiert. In Betracht gezogen wird auch eine gezielte Verlängerung der Telomere, der Schutzkappen an den Enden der Chromosomen. Allerdings treibe eine Verlängerung wohl auch das Risiko für Krebserkrankungen nach oben und sei damit nach derzeitigem Stand eher eine Sackgasse, so Brendborg. Als weitere potenzielle Wundersubstanz nennt er Spermidin, das von Natur aus in vielen Lebensmitteln vorkommt. «Versetzt man das Trinkwasser von Mäusen mit Spermidin, leben sie länger als ihre Artgenossen.»

Auch Taurin könnte vielleicht eine Art Lebenselixier sein: Mit der Aminosäure gefütterte Mäuse leben länger, Affen bleiben gesünder. Ob diese Ergebnisse einer kürzlich im Fachjournal «Science» vorgestellten Studie auch für Menschen gelten, ist allerdings noch unklar. Häufig ist bisher nicht bekannt, wie genau die vermeintlichen Wunderstoffe im Körper wirken – und was für Schäden sie bei langfristiger Einnahme womöglich anrichten.

Doch warum altert man überhaupt? Eine der klassischen Theorien dazu sei, dass sich Schäden und Funktionsverluste unumkehrbar anhäufen, sagt Langer. «Heute versteht man Altern im Grunde als ein instabiles Gleichgewicht», erklärt er. «Unser Organismus kann normalerweise zwar auf Stresssituationen und Umwelteinflüsse reagieren und das wegstecken. Aber kein biologischer Prozess funktioniert mit hundertprozentiger Effizienz. Und so hinterlassen die vielen kleinen Schädigungen auf Dauer ihre Spuren.»

Es kommt auf den Lebenswandel an

Zumindest lässt sich etwas tun, um den eigenen Alterungsprozess zu verlangsamen: Sport treiben und gesund essen, ausreichend schlafen, nicht rauchen und wenig Alkohol trinken, Sozialkontakte pflegen und chronischen Stress vermeiden. Mit einem gesunden Lebensstil können Männer und Frauen mittleren Alters im Durchschnitt mehr als 20 Jahre länger leben als mit einem sehr schädlichen, wie kürzlich vorgestellte Daten einer Langzeituntersuchung ehemaliger Angehöriger des US-Militärs ergaben.

Für Forschungsteams ausgesprochen spannend sind Regionen weltweit, in denen Menschen im Mittel merklich länger leben als die Bevölkerung im Rest des Landes. Die italienische Insel Sardinien zählt dazu, die griechische Insel Ikaria, die japanische Insel Okinawa, die Nicoya-Halbinsel in Costa Rica und die Stadt Loma Linda in Kalifornien. Alle fünf Regionen weisen kulturelle Gemeinsamkeiten auf: So wird in Maßen und überwiegend vegetarisch gegessen, die Familie spielt eine wichtige Rolle.

Hinzu kommen weitere Faktoren – die Körpergröße zum Beispiel. Bei jeder Säugetierart, nicht nur beim Menschen, leben Brendborg zufolge jeweils die kleinsten Exemplare länger als die großen – und zu den kleinsten Bevölkerungen in Europa zählen die langlebigen Sarden. Auch die Einwohner der Präfektur Okinawa seien besonders klein. Jeanne Calment sei nur 150 Zentimeter groß gewesen.

In diesem Zusammenhang steht bei Forschenden die Substanz Rapamycin im Fokus, die die Wachstumssignalübertragung hemmt. Für ihre Wirksamkeit als Anti-Aging-Substanz gebe es stichhaltige Beweise, erklärt Brendborg. Allerdings gebe es einen Haken: Der ganze Effekt von Rapamycin beruhe womöglich schlichtweg darauf, dass der Stoff «ein klein wenig giftig» ist. Es greife das Phänomen der sogenannten Hormesis: Herausforderungen, Stress oder Schäden können stärkend wirken.

Freie Radikale etwa beim Sport zum Beispiel sind ein wichtiger Hinweis an den Körper: stärker werden. Und auch die Einnahme kleiner Mengen giftiger Substanzen kann so wirken, wie der Molekularbiologe erklärt. Eine solche verjüngend wirkende Herausforderung sei auch eine weitere Maßnahme: das Blutspenden. Studien hätten gezeigt, dass Blutspenderinnen und -spender einen umso stärkeren lebensverlängernden Effekt genießen, je öfter sie spenden.

Dass es irgendwann gelingen könnte, dem Menschen Unsterblichkeit zu sichern, glaubt Langer persönlich nicht: «Der menschliche Körper ist nicht darauf angelegt, immer weiter zu existieren.» Bestrebungen in diese Richtung erinnern ihn an den Kinofilm «Highlander», in dem sich Unsterbliche im schottischen Hochland bekämpfen. «Spannend – aber eben Fantasy.»

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