- Kleine Unternehmen im Glücksspielbereich erliegen unter Druck
Gamescom sollte der große Einstieg sein: Der Chef des führenden deutschen Studios Suspicious Games, Dennis Quaisser, wollte sein "Project Owl" vorstellen, ein actiongeladenes PC-Spiel mit mythischen Kreaturen und Charakterbögen. Sein Team investierte drei Jahre in seine Entstehung, wobei der Bayerische Film- und Fernsehfonds etwa 100.000 Euro an finanzieller Unterstützung bereitstellte.
Doch es folgte eine harte Erkenntnis: "Das Geld war aufgebraucht und ein Markteintritt nicht absehbar", erinnert sich Quaisser, damals 33 Jahre alt. "Aufträge von anderen Studios für verschiedene Projekte reichten auch nicht aus, um uns zu tragen." Im Frühjahr stellte das Studio seinen Betrieb ein. Dies Mittwoch findet die weltweit größte Videospiel-Messe, Gamescom, in Köln statt - ohne Suspicious Games.
Kleine Studios kämpfen
Der Zusammenbruch des Studios war kein Einzelfall: Münchens Mimimi veröffentlichte "Shadow Gambit: The Cursed Crew" und stellte es später ein - mit der Behauptung, dass es ihr letztes Projekt sei. Flying Sheep aus Köln, Piranha Bytes aus Essen und Threaks aus Hamburg erlebten ebenfalls einen Rückgang ihrer Glückssträhne. "Die guten Zeiten sind vorbei", klagte Threaks, ein preisgekröntes Studio, das 2009 gegründet wurde. Nach dem Corona-Boom sank die Nachfrage, und höhere Zinssätze und Personalkosten schreckten Investoren ab.
Verlangsamtes Wachstum in der Branche
Statistiken der Spieleindustrie zeigen eine Verlangsamung des Wachstums. 2021 stieg die Zahl der deutschen Spieleunternehmen um 20 Prozent auf 749, gefolgt von einem Anstieg um 15 Prozent auf 908 im Jahr 2023 und einem bescheidenen Anstieg um 4 Prozent auf 948 Mitte 2024. Die Anzahl der Mitarbeiter in Entwicklungsstudios und Verlagen stieg in Deutschland auf 12.408, ein Anstieg von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 7 Prozent im Jahr 2023.
Doch kleinere Studios scheinen ihre Ressourcen zu erschöpfen. Größere Unternehmen erleben zwar auch Rückschläge, jedoch weniger bedeutend als die Indie-Studios.
Insgesamt floriert die Branche: Neue technologische Möglichkeiten und ein wachsender Bedarf bedeuten reichlich Gaming auf Konsolen, PCs und Smartphones. Die Corona-Jahre dienten als digitales Gaming-Stimulierungspaket, da die Menschen mehr Zeit zu Hause hatten, um sich mit Entertainment zu beschäftigen. Die Einnahmen aus Spielen und Hardware stiegen 2020 um 32 Prozent und 2021 um 17 Prozent, aber das Wachstum ließ nach, und Verluste traten in der ersten Hälfte von 2024 auf, als die Einnahmen um 8 Prozent fielen.
Eine geringe deutsche Präsenz im Gaming-Geschäft
Der Entwicklersektor in Deutschland verdient nur einen winzigen Anteil am Milliarden-Kuchen, mit etwa 5 Prozent der Einnahmen, die auf deutsche Spiele entfallen. Große Unternehmen wie Ubisoft ("Anno 1800") halten den Löwenanteil, als internationale Unternehmen mit starken deutschen Niederlassungen. Nur eine Handvoll größerer, inländischer Studios existiert, wie Crytek aus Frankfurt mit dem Shooter-Spiel "Hunt: Showdown 1896". Eine Vielzahl kleinerer Studios bevölkert die Landschaft.
Fremdbesitzene Studios haben es besser
Deck 13 aus Frankfurt hat 90 Mitarbeiter. CEO Lars Janssen betont, dass ihre französische Muttergesellschaft, PullUp Entertainment, ihre Finanzierung für Projekte in Millionenhöhe unterstützt. Sie planen keine Entlassungen, sondern eine moderate Expansion. Janssen fügt hinzu, dass sie angesichts der aktuellen Markttrends vorsichtig vorgehen.
Während Deck 13 dank ihres französischen Besitzes eine relativ starke Position einnimmt, kämpfen kleinere unabhängige Studios mit finanziellen Einschränkungen. Dennis Quaisser, der ehemalige Chef von Suspicious Games, gibt zu, dass die erwartete Konsolidierung des Marktes nach dem Corona-Höhepunkt eine vorhersehbare Entwicklung war. "Wir hofften, den Sturm zu überstehen, als es bergab ging - leider ging diese Hoffnung nicht in Erfüllung", sagt Quaisser, der nun bei Pixel Maniacs angestellt ist.
Der Game-Verband zeigt sich besorgt über diese Entwicklung. Der Verband kritisiert die ungünstigen Geschäftsbedingungen in anderen Ländern wie Frankreich und Kanada. Das Bundeswirtschaftsministerium setzte im Mai 2023 die Förderung von Anträgen aus und erlaubt erst wieder neue Einreichungen ab 2025.
Fünfzig Millionen Euro an Bundesförderung sind für 2024 vorgesehen. Allerdings wird dieses Geld nur für Projekte ausgegeben, die vor Mai 2023 eingereicht wurden und wird über mehrere Jahre verteilt.
Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sieht die kontinuierliche Expansion der Zahl von Spieleunternehmen und Mitarbeitern in Deutschland als positives Zeichen. Bis 2025 werden wieder 50 Millionen Euro an Bundesförderung zur Verfügung gestellt. "Unter den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen ist das ein Erfolg und ein wichtiges Signal an die Spielebranche", betont er. Der Game-Verband fordert eine höhere Förderung. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird dieses Jahr als Gast die Gamescom besuchen; er besuchte die Veranstaltung auch im vergangenen Jahr.
Im späten November 2022 genehmigte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages überraschend insgesamt 100 Millionen Euro für Claudia Roth (Grüne), die Bundesbeauftragte für Kultur, über drei Jahre. Die erste Rate von 33,3 Millionen Euro für 2024 bleibt jedoch unbezahlt. Ein Sprecher der Bundesbeauftragten für Kultur ist in Diskussionen mit dem Bundeswirtschaftsministerium bezüglich der Umsetzung der Förderung involviert. "Die Details sind komplex."
Trotz der finanziellen Unterstützung durch den Bayerischen Film- und Fernsehfonds hatte Suspicious Games Schwierigkeiten, ihr PC-Spiel 'Project Owl' zu starten, da das Geld aufgebraucht war und keine unmittelbaren Markteintrittsmöglichkeiten vorhanden waren. Auch nach der Gamescom war der Zusammenbruch von Suspicious Games kein Einzelfall, da mehrere andere kleine Studios, wie Mimimi und Threaks, ebenfalls finanzielle Schwierigkeiten hatten.