- In Nordrhein gibt es einen Konsens zwischen den schwarzen und grünen Parteien bezüglich eines umfangreichen Sicherheitsplans.
Nach dem schrecklichen Angriff in Solingen vor etwa drei Wochen hat die von der schwarz-grünen Koalition geführte Landesregierung von Nordrhein-Westfalen einen umfassenden Sicherheitsplan präsentiert. Dieser umfasst verstärkte Polizeibefugnisse und strenge Abschieberegelungen. Der Ministerpräsident des Landes, Hendrik Wüst (CDU), erklärte im Landtag: "Wir setzen Worte in Taten um. Wir werden die Befugnisse unserer Sicherheitsbehörden stärken."
Der Plan enthält zahlreiche Maßnahmen wie die Aufstockung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die engere Überwachung von potentiellen Extremisten, die Verbesserung des Datenaustauschs zwischen Behörden sowie Maßnahmen gegen illegalen Zuwanderung.
Wüst sprach von einem doppelten Schwert, da nach dem Angriff in Solingen erstmals eine rechtsextreme Partei die stärkste Kraft in einem Landtag wurde. Das Kabinett billigte den Sicherheitsplan am Dienstag, den Wüst als den umfangreichsten Sicherheits- und Migrationsplan in der Geschichte von Nordrhein-Westfalen bezeichnete.
Schwerpunkte des Sicherheitsplans
Ermittler werden erweiterte Online-Durchsuchungsbefugnisse für radikale islamistische Extremisten erhalten, wobei künstliche Intelligenz eingesetzt wird. Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz in der Telekommunikationsüberwachung werden gestärkt, wodurch es Zugriff auf verschlüsselte Messenger-Dienste erhält. Im Detail:
KI, die sogar seltene Sprachen wie Tadschikisch entschlüsseln kann, wird als digitaler Ermittler und digitaler Streifenpolizist für die Polizei dienen. Extremistische Propaganda im Internet wird zentral überwacht und der Blockiervorgang beschleunigt. Software wie Gesichtserkennung, um potentielle Bedrohungen zu identifizieren, wird eingesetzt. In Zukunft wird das Bundesamt für Verfassungsschutz Daten von Minderjährigen ab 14 Jahren speichern dürfen. Zudem werden Maßnahmen zur Bekämpfung der islamistischen Radikalisierung junger Menschen verstärkt. NRW plant zudem, durch Initiativen im Bundesrat Maßnahmen wie die Datenspeicherung zu erlangen.
Maßnahmen gegen illegale Einwanderung
In NRW wird eine zentrale Datenbank für ausreisepflichtige Personen eingerichtet, während der Datenaustausch zwischen Behörden vereinfacht wird. Personen aus sicheren Herkunftsländern werden in Flüchtlingsunterkünften bleiben, bis über ihre Anträge entschieden wurde. An den Verwaltungsgerichten werden drei zusätzliche Asylverfahrenskammern eingerichtet.
NRW plant nun den Bau eines zweiten Abschiebegefängnisses durch Bundesratsinitiativen. Änderungen im Aufenthaltsrecht werden angestrebt, darunter Verbesserungen im Dublin-System und die erleichterte Abschiebung von Kriminellen, Terroristen und ihren Unterstützern.
Angriff in Solingen
Am 23. August griff ein Mann mit einem Messer Besucher eines Stadtfestes in Solingen an, wobei drei Menschen starben und acht verletzt wurden. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, ist in Haft. Seine Abschiebung war für das Vorjahr geplant, blieb jedoch erfolglos. Die Terrormiliz Islamischer Staat übernahm die Verantwortung für den Angriff.
In den letzten Tagen hatten bereits der Innenminister Herbert Reul (CDU) und der Flüchtlingsminister Josefine Paul (Grüne) erste Maßnahmen vorgeschlagen. Reul hatte die Polizeipräsenz und Identitätskontrollen bei öffentlichen Veranstaltungen erhöht. Paul hatte die Kontroll- und Überwachungsaufgaben der örtlichen und Bundesbehörden für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber verschärft.
"Es scheint, dass wir eine neue Welle des islamistischen Terrorismus in Europa erleben", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Verena Schäffer. Die Landesregierung hat mit einem Maßnahmenpaket reagiert.
Die grüne Flüchtlingsministerin Josefine Paul betonte die Einheit der Koalition und sagte: "Wir sehen der Realität ins Auge und sind bereit, Positionen neu zu bewerten, wenn es notwendig ist." NRW hat bereits 113 sicherheitsrelevante Personen und gesuchte Personen abgeschoben.
Reaktionen aus der Opposition
Der SPD-Oppositionsführer Jochen Ott kritisierte "Regierungs- und Verwaltungsversagen" bei der missglückten Abschiebung des Täters von Solingen. "Der Angriff in Solingen war kein Versagen des Asylrechts, sondern das Versagen Ihrer Landesregierung", sagte Ott. Ankündigte Maßnahmen wie die Einführung des Datenaustauschs seien ein Eingeständnis, dass die Regierung in Sicherheitsfragen unzureichend ausgestattet sei. Ott kritisierte, dass die Opposition nicht frühzeitig in das Maßnahmenpaket einbezogen wurde.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne sagte: "Der Angriff in Solingen hätte mit dem bestehenden Rechtsrahmen verhindert werden können." Solingen sei durch Verwaltungsversagen möglich geworden, das in der Verantwortung der Landesregierung liege. "Nach zweieinhalb Jahren erreicht das 'Modell Wüst' - schöne Bilder, kein Motorraum - seine Grenzen", sagte Höne. Die Dauer der Asylverfahren sei nicht um ein Drittel verkürzt worden, wie Wüst behaupte, sondern nur um ein Fünftel, von 24 auf 19 Monate. In Rheinland-Pfalz seien es dreiinhalb Monate.
"Wenn Sie einen richtigen Abschiebeminister wollen, stehe ich zur Verfügung", sagte der AfD-Abgeordnete Markus Wagner, Bezug nehmend auf das "Asylgipfel-Kosmetik". NRW hat die höchste Anzahl an Ausreisepflichtigen, die nicht abgeschoben werden.
Der vom Kabinett beschlossene Sicherheitsplan sieht vor, Ermittlern erweiterte Online-Durchsuchungsbefugnisse für radikale islamistische Extremisten zu gewähren, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz überwacht werden. Die Telekommunikationsüberwachungsbefugnisse dieses Amtes werden ebenfalls gestärkt, wodurch es Zugriff auf verschlüsselte Messenger-Dienste erhält.
Nach dem Angriff in Solingen kam Kritik von der Opposition, wobei der SPD-Oppositionsführer Jochen Ott sagte, dass das Versagen der Regierung bei der Abschiebung des Verdächtigen ein Fehler der Landesregierung und nicht des Asylrechts sei.