Im Verkaufspoker um den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn schöpft der zweite Interessent trotz der Querelen um den meistbietenden Russen nach eigenen Worten noch keine neue Hoffnung. Vor dem Investitionsprüfverfahren des Bundes zur Hahn-Veräußerung an einen russischen Investor «können wir uns noch nicht freuen, sonst könnte die Enttäuschung groß sein», sagte Julia Richter von der Mainzer Firmengruppe Richter am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. «Man steckt in dieser Prüfung ja nicht drin», ergänzte die Immobilienexpertin. Mit einem Ergebnis rechne sie erst in mehreren Wochen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Prüfung nach dem Außenwirtschaftsgesetz bestätigt. Es gehe um die Frage, ob der Flughafen Hahn zur kritischen Infrastruktur gehöre und ob durch einen Verkauf die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet werde.
Die NR Holding des Nürburgrings um den russischen Pharmaunternehmer Viktor Charitonin und die Firmengruppe Richter haben nach dpa-Informationen beide schon je einen Kaufvertrag für den Airport Hahn unterschrieben und das Geld überwiesen. Allerdings hat die NR Holding mehr gezahlt – nach dpa-Informationen rund 20 Millionen Euro. Damit könnte sie den Zuschlag bekommen, falls der Bund dies nicht verweigert: Russland führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Charitonin steht indessen auf keiner EU-Sanktionsliste. Bei einer Hahn-Gläubigerversammlung am Dienstag am Insolvenzgericht in Bad Kreuznach gab es noch kein grünes Licht für die NR Holding – erst soll das Berliner Prüfergebnis abgewartet werden.
Zur Aussage von Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU), derzeit sollten keine Geschäfte mit «russischen Oligarchen» gemacht werden, sagte Hahn-Kaufinteressentin Julia Richter: «Das hört sich schön an.» Aber das sei noch keine Entscheidung für ihre Immobilien-Firmengruppe. Interessant sei, dass sich Hessen mit seinem Hahn-Minderheitsanteil deutlicher positioniere als Rheinland-Pfalz. Dessen Innenministerium hatte mitgeteilt: «Einem möglichen staatlichen russischen Einfluss auf Infrastrukturen von besonderer Bedeutung steht die Landesregierung grundsätzlich kritisch gegenüber.» Entsprechende Prüfungen des Bundes seien daher zentral.
Laut der rheinland-pfälzischen CDU-Landtagsopposition muss der Bund einen Hahn-Verkauf an Charitonin unter geo- und sicherheitspolitischen Aspekten intensiv und zügig prüfen. Habeck dürfte hier wohl kaum grünes Licht geben. Die rheinland-pfälzische Ampel-Regierung müsse ihre Beziehungen zur Bundes-Ampel nutzen, «um eine monatelange Verkaufs-Hängepartie» bei dem Airport zu vermeiden.
Charitonins NR Holding ist die Besitzgesellschaft des Nürburgrings. Der russische Unternehmer gilt in der Eifel als öffentlichkeitsscheu. Die Betreibergesellschaft der wirtschaftlich florierenden Rennstrecke wollte am Mittwoch keine Stellungnahme zu dem Verkaufspoker abgeben.