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Wie weiter mit dem Gurt? Museum zeigt heikles Sammlungsgut

Städtisches Museum Braunschweig
Das Städtische Museum Braunschweig.

Wie umgehen mit heiklem Sammlungsgut und geschichtlich belasteten Objekten? – Die aufwendige Auseinandersetzung von Funden aus eigenen Depots steht im Zentrum einer neuen Dauerausstellung in Braunschweig. Mit der Schau «Am Anfang war der Gurt» will das Städtische Museum der Forderung nach einem transparenten Umgang mit «kolonialen Trophäen» gerecht werden.

In die Vorfreude auf das Zeigen der spannenden Stücke mischt sich in diesen Tagen aber auch leichter Frust. «Etwas gnatzig» sei er auf das Auswärtige Amt, sagt Direktor Peter Joch beim Rundgang. Denn ausgerechnet mit dem namensgebenden Patronengurt aus der Gemeinschaft der Ovambanderu in Namibia komme das Museum aktuell nicht voran. Für die anvisierte Rückgabe sei ein Statement der Berliner Behörde nötig. «Ein Dreizeiler, mehr nicht», sagt Joch.

Aber das erhoffte Schreiben lasse auf sich warten und verzögere so die Restitution, also die Rückgabe des Gurtes. «Da steckt viel Arbeit drin», betont Kurator Rainer Hatoum. «Für uns ist die Sache klar», sagt er. Der für die Gemeinschaft der Ovambanderu legendäre Patronengurt soll zurück. Aktuell müssen die Museumsverantwortlichen aber warten. Wenn es dadurch in Medienberichten den Vorwurf des schlampigen Umgangs gebe, mache das eben «gnatzig».

2021 war eine Delegation der Ovambanderu aus dem heutigen Namibia nach Braunschweig gekommen und hatte den Gurt untersucht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handele es sich um den früheren Besitz des Anführers Kahimemua Nguvauva, der nach Berichten von deutschen Kolonialherren 1896 hingerichtet wurde, hieß es. Zuvor wurde er aber noch symbolträchtig entwaffnet und der aus Braunschweig stammende Händler Gustav Voigts (1866-1934) übergab den Gurt später dem Städtischen Museum.

Den Gurt bezeichnet das Museum als Meilenstein der eigenen Provenienzforschung, also der Suche zur Herkunft des Objekts. Im vergangenen Jahr entschied Braunschweig dann, Zeremonialgegenstände an das Volk der Bangwa in Afrika zurückzugeben. Auch dafür hatte die Stadt eine zwölfköpfige Delegation um Seine Majestät König Asabaton Fontem Njifua, König höchsten Grades von Fontem in Kamerun empfangen. Zwei Zeremonialstäbe und ein Prestigeschwert sind aber (noch) Teil der Ausstellung.

Die Vitrinen für die Stücke stehen ganz bewusst auf rollbaren Paletten. Das Haus will damit klarmachen, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Die Ausstellung ist zeitlos, dynamisch, ein prozesshaftes Ensemble. Gibt es neue Erkenntnisse oder Infos, kann sich rund um ein Exemplar vieles verändern – bis hin zur Rückgabe.

Folgerichtig gibt es in der Ausstellung auch einen «Raum Weiterdenken». Es gehe eben nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch um die Zukunft, erklärt Kurator Hatoum. «Wir sind optimistisch, die Geschichte weiter schreiben zu können», sagt er. Für ein weiteres Kapitel zum Patronengurt aus Namibia fehlt derzeit aber noch ein Dreizeiler.

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