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Wie digitale Produkte helfen können, gesund zu bleiben

Rückenschmerzen
Eine Frau hält sich den Rücken.

Ob ein Internet-Selbsthilfeprogramm für Menschen mit Depressionen oder eine App für starke Übergewichtige: Auch in Hessen boomen digitale Gesundheits-Apps. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat viele dieser Produkte zertifiziert, zum Beispiel für Multiple Sklerose oder Brustkrebs, Tinnitus oder Migräne. Die hessischen Krankenkassen stehen ihm überwiegend positiv gegenüber, Ärzte empfanden diese als sinnvolle Ergänzungen.

Die AOK, die größte Krankenkasse Hessens, meldet eine steigende Nachfrage: Seit Erscheinen der „Rezept-App“ seien mehr als 2.400 Anträge eingegangen. Die am häufigsten gestellte Frage war eine App gegen Rückenschmerzen.

„Insgesamt wurden rund 91 Prozent der Anträge bewilligt und nur 9 Prozent abgelehnt“, berichtete der AOK-Sprecher. Wenn beispielsweise ein Antrag auf einen Antrag nicht genehmigt wird, wird er abgelehnt. „Der hessischen Krankenkasse sind bisher Kosten in Höhe von rund 680.000 Euro entstanden.“

Solche Anträge sind seit Inkrafttreten des Digitalversorgungsgesetzes Ende 2019 möglich. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt eine Liste, welche Anwendungen auf Rezept erhältlich sind. Zuletzt waren 45 Anwendungen im Katalog. Sie kosten teilweise Hunderte von Euro und werden von der Krankenkasse bezahlt, wenn ein Arzt sie verordnet oder der Versicherte eine entsprechende Diagnose nachweisen kann.

Laut einer bundesweiten Online-Umfrage unter mehr als 2.600 AOK-Versicherten, die eine „Rezept-App“ erhalten haben, fallen die Nutzerbewertungen der digitalen Gesundheits-App überwiegend positiv aus. 58 % hielten die Anwendung für eine hilfreiche Ergänzung ihrer Behandlung. Den größten Vorteil sehen die Nutzer darin, Behandlungen mit digitalen Gesundheits-Apps flexibel planen zu können. 40 % sagten, die App habe ihnen geholfen, ihre Krankheit besser zu bewältigen.

Allerdings würden nur 38 Prozent diese Vorgehensweise einem Freund oder Bekannten mit einer ähnlichen Diagnose empfehlen. Fast jeder fünfte Befragte hatte Probleme bei der Umsetzung digitaler therapeutischer Inhalte, weitere 28 Prozent gaben an, einige Probleme zu haben. Bei 15 % der Versicherten passten die Inhalte nicht zu ihrem individuellen Gesundheitszustand.

Die Techniker Krankenkasse (TK) hat festgestellt, dass solche Angebote oft gut sind. „Digitale Gesundheits-Apps helfen Patienten, ihre Erkrankungen zu überwachen und zu begleiten“, sagt Barbara Voß, Leiterin der hessischen Landesvertretung im TK-Land, betont aber auch: „Wir sehen aber Optimierungsbedarf.“

Hersteller müssen den Nutzen der App durch Recherchen nachweisen – die meisten liefern laut TK aber gar keinen Beweis. Sie können dann ein Angebot „zum Testen“ abgeben, der Nutzen muss aber innerhalb eines Jahres nachgewiesen werden. Bei vielen funktioniert das nicht, deshalb müssen die Krankenkassen die App bei nicht nachgewiesener Nutzung erstatten, wie Voß monierte.

Seit Oktober 2020 hat die TK bundesweit ca. 61.150 Aktivierungscodes an Teilnehmer ausgegeben. Die Top 3 waren Medikamente gegen Rückenschmerzen, Tinnitus und Fettleibigkeit. Angesichts der Neuartigkeit des Themas liege die Nachfrage “im erwarteten Rahmen”, sagte Voss.

Überraschenderweise sind weder jüngere Menschen, die digital affiner sind, noch Männer, die generell eine höhere Technikaffinität haben, nicht die Hauptnutzer. Eine TK-Auswertung ergab hingegen, dass 67 % Frauen waren, wobei die stärkste Altersgruppe bei den 50-60-Jährigen lag. Als Grund vermutet die TK, dass jüngere Menschen die App eher seltener nutzen, weil sie seltener krank werden.

Auch Ärzte in Hessen fanden ein solches Angebot gut: Sie könnten Ärzte unter anderem dabei unterstützen, Patienten bei der Behandlung von Krankheiten zu begleiten, individuelle Fragen zu beantworten oder gegebenenfalls Symptome zu kategorisieren, sagte eine Sprecherin der Landesärztekammer. Beispielsweise können sie Ärzten anhand von Fotos helfen, Hautkrankheiten zu erkennen. Die App sei eine „sinnvolle Ergänzung zu diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen“, soll aber „keinesfalls einen Arztbesuch ersetzen“.

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