Warum kann Deutschland das Rauchen nicht loswerden?
In Deutschland wird überall geraucht: nicht nur auf den Straßen, in der Nähe von Kneipen oder auf Balkonen in Wohnhäusern.
Überall.
Warum kann Deutschland das Rauchen nicht loswerden?
Obwohl das Rauchen an einigen Orten gesetzlich verboten ist, habe ich mehrmals Menschen bemerkt, die an Schnellzugstationen, auf Spielplätzen und sogar einmal in der Onkologieabteilung eines Krankenhauses geraucht haben, als ich Blumen für meine Freundin dort abgegeben habe.
Daher war es für mich keine Überraschung, als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Woche Deutschland für unzureichende Maßnahmen zur Bekämpfung des Rauchens sowohl an öffentlichen Orten als auch insgesamt kritisierte.
Die führende vermeidbare Todesursache in Deutschland
Rauchen ist die führende vermeidbare Todesursache in Deutschland.
Laut dem Robert Koch-Institut sterben jährlich 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.
Aber das Motto “Unwissenheit ist Glückseligkeit” oder einfach nur Schulterzucken scheint bei 35% der rauchenden Bevölkerung in Deutschland keine Zweifel zu wecken, was im krassen Gegensatz zu den 8% in meinem Heimatland steht, wo der Konsum von Tabak nach jahrelangen Propagandakampagnen tabuisiert (und sehr teuer) wurde, wovon es in Deutschland weitgehend fehlt.
Aber selbst aus europäischer Sicht gibt es in Deutschland besonders viele Raucher. Die Bundesrepublik belegt den dritten Platz in Europa in Bezug auf die Anzahl der Raucher, nur Griechenland und Bulgarien liegen vor ihr.
Während Deutschlands skandinavischer Nachbar Schweden stolz darauf ist, dass im Land so gut wie nicht geraucht wird, wird Deutschland oft als das Paradies für Raucher bezeichnet: Im Gegensatz zu Schweden (und zum Bedauern der WHO) gibt es hier relativ niedrige Tabaksteuern, selten ausgewiesene Nichtraucherplätze, und man kann immer noch eine Packung Zigaretten am Automaten kaufen.
Die Rauchkultur
Als ich in Deutschland lebte, fühlte es sich an, als wäre ich ein paar Jahrzehnte zurückversetzt worden, als das Rauchen noch weit verbreitet als “cool” beworben wurde und viele Menschen schienen die Auswirkungen des Rauchens auf die Gesundheit – sowohl ihre eigene als auch die der anderen – zu ignorieren.
“Das Rauchen ist hier zu leicht, und gleichzeitig wird das Rauchverbot nicht ausreichend beworben“, sagte Daniel Kotz, Leiter der Forschung bei Debra, einer Organisation, die den Tabakkonsum in Deutschland untersucht, kürzlich in einem Interview mit der Rheinischen Post.
Darüber hinaus muss die Verfügbarkeit verbessert werden, die dazu führt, dass Tabak als etwas Alltägliches und Harmloses angesehen wird: “Wenn Sie in Deutschland an eine Tankstelle, einen Kiosk oder einen Supermarkt gehen, werden Tabakprodukte leicht verfügbar sein und prominent präsentiert werden“, sagte Kotz.
In Ländern wie Norwegen muss man explizit nach Zigaretten fragen, die dann unter dem Tresen in einer braunen Standardverpackung mit nur einem Warnhinweis und ohne Werbung herausgegeben werden.”
Erst kürzlich wurde Deutschland das letzte EU-Mitgliedsland, das Tabakwerbung auf Plakatwänden verboten hat, fast 50 Jahre nachdem solche Werbung im Fernsehen und Radio verboten wurde. Das Verbot trat erst am 1. Januar 2022 in Kraft, und ab dem 1. Januar 2023 gilt auch ein Verbot von Rauchgeräten.
Verbot von E-Zigaretten
Erst ab dem 1. Januar 2024 wird die Werbung für E-Zigaretten verboten sein, die nach Ansicht der WHO besonders bei Jugendlichen beliebt sind und nicht weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten. Natürlich hindert das nicht daran, sie in sozialen Netzwerken wie TikTok zu bewerben, die wohl die beliebteste Form der Werbung unter Jugendlichen darstellen.
Verbot von Rauchen im Auto mit Kindern
In Deutschland wird auch die Möglichkeit eines Verbots des Rauchens im Auto in Anwesenheit von Kindern und schwangeren Frauen erwogen, und Verstöße sollen mit Geldstrafen geahndet werden. Kritiker dieses Vorschlags argumentieren jedoch, dass ein solches Verbot die persönliche Freiheit einschränken würde, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass andere Rauchverbote nicht vollständig unterstützt wurden.
Aufgrund historischer Gründe ist Deutschland auch ein Land, das besonders empfindlich darauf reagiert, wenn ihm vorgeschrieben wird, was es tun soll, selbst im Namen der öffentlichen Gesundheit, wie der massive Protest gegen die Covid-19-Beschränkungen gezeigt hat.
Aber für mich bedeutet persönliche Freiheit auch die Möglichkeit, auf der Straße ohne starke Passivrauchbelästigung zu gehen. Die meisten Raucher zögern nicht, eine Zigarette anzuzünden oder einen Zug zu nehmen, selbst wenn ich mit einem kleinen Kind neben ihnen gehe.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts dagegen, dass Menschen ihrer tödlichen Gewohnheit in abgesperrten Bereichen oder in Raucherbars nachgehen (von denen es anscheinend inzwischen in Berlin praktisch alle gibt).
Aber solange die Zigarettenpreise langsamer steigen als Produkte wie Öl, der Zugang zu ihnen weit verbreitet ist und Rauchverbote in öffentlichen Bereichen nicht durchgesetzt werden, scheint dies weit entfernt von der Realität zu sein.
