Warum ist das Wort “Fräulein” aus dem Deutschen verschwunden? In Deutschland war dies lange Zeit die Bezeichnung einer unverheirateten Frau. Am 16. Januar 1972 verschwand diese Anrede jedoch offiziell aus der deutschen Amtssprache durch einen Erlass von Hans-Dietrich Genscher (FDP).
Bereits 1950 erreichten das Frauenreferat immer mehr Beschwerden von Frauen, die nicht mehr „Fräulein“ bezeichnet werden wollten. Die Diskussion um den Begriff spiegelte das sich wandelnde Frauenbild und die Forderung nach Gleichberechtigung wider.
Schon damals war klar, dass Sprache eine wichtige Rolle spielt. Tatsächlich hatte die Anrede „Fräulein“ für viele eindeutig einen abwertenden Beigeschmack.
Andererseits wurden alleinstehende Männer nie “Herrlein” genannt. Im Extremfall wurden sie „Junggesellen“ genannt.
In einem Schreiben des damaligen Landesfrauenausschusses der CDU Niedersachsen an den Bundesminister des Innern heißt es: „Da in der Anrede von Männern keine Unterscheidung nach dem Personenstand erfolgt, erscheint die bisherige Behandlung von Frauen auch mit Artikel 3 des Grundgesetzes nicht vereinbar.” Das berichtet das Nachrichtenportal NRD.
Die Anrede „Fräulein“ wird zunehmend abgelehnt
Seit 1955 unterstehen die Bundesbehörden der Verordnung, der zufolge jede unverheiratete Frau im “offiziellen Verkehr” “Frau” genannt werden musste, sofern diese das wünschte.
Dieser Wunsch musste erkennbar und aktiv geäußert werden, die Anrede war also keine Selbstverständlichkeit. In den 1960er Jahren wurde der Begriff “Fräulein” im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen zunehmend als altmodisch abgelehnt.
Am 16. Februar 1971 kündigte das Bundesministerium des Innern daher auf einer Pressekonferenz führender Frauenverbände die Änderung der amtlichen Regeln an. Der interne Erlassentwurf stellte fest, dass die Bezeichnung „Frau“ kein Titel sei.
Das letzte amtliche Formular mit „Fräulein“ wurde vernichtet
Laut Erlass sollten die Bezeichnungen „Herr“ und „Frau“ nur noch im Dienstgebrauch, etwa auf Dokumenten und Urkunden verwendet werden.
Im Gegensatz zur bisherigen Vorschrift war die Bezeichnung „Fräulein“ jetzt nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der Frau zu verwenden – was durchaus vorkam.
Die Verkündung des Erlasses verzögerte sich jedoch um fast ein Jahr – bis zum 16. Januar 1972. Damals ordnete ein Runderlass des damaligen Bundesinnenministers Genscher an, dass Männer und Frauen in der Anrede nicht unterschiedlich behandelt werden sollten, auch, dass die Anrede “Frau” für jede weibliche Erwachsene im behördlichen Sprachgebrauch verwendet werden muss.
Mitte der siebziger Jahre wurde dann der letzte amtliche Vordruck vernichtet, auf dem ein „Fräulein“ stand.
Warum „Fräulein“ verschwunden ist: Ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung
Was damals die Diskussion um die Anrede „Fräulein“ war, ist heute die Debatte über eine gendergerechte Sprache. „Sprache sollte alle Geschlechter berücksichtigen und jeden Menschen gleichwertig und respektvoll einbeziehen“, sagte die aktuelle Bundesfamilienministerin Anna Spiegel (Grüne).
Dabei ist Sprache immer auch ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und umgekehrt. Laut Spiegel bedeutet dies, dass eine gendergerechte Sprache ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung ist.