- Venezuelas Opposition erhöht Druck - Militär unterstützt Maduro
Nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Venezuela setzt die Opposition ihre Kämpfe für einen Machtwechsel und den Rücktritt des autoritären Präsidenten Nicolás Maduro fort. Er kann weiterhin auf die Unterstützung der Militärs zählen, die ihm ihre Loyalität zugesichert haben. Tausende Regierungsgegner zogen am Dienstag (ortszeit) in der Hauptstadt Caracas auf die Straße, um gegen die offiziellen Wahlergebnisse zu protestieren, die sie als manipuliert betrachten und Maduro zum Sieger erklären.
Die Demonstranten skandierten "Wir haben keine Angst" und feuerten ihren Präsidentschaftskandidaten Edmundo González Urrutia an. Bisher sind mindestens elf Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen, wie unabhängige Organisationen berichten, und Hunderte wurden festgenommen, wie offizielle Zahlen vermelden.
Währenddessen haben die bewaffneten Kräfte, ein wichtiger Machtfaktor im südamerikanischen Land, ihre Unterstützung für Maduro zugesichert. "Wir bekräftigen die absolute Loyalität und bedingungslose Unterstützung für den Bürger Nicolás Maduro Moros, den verfassungsmäßigen Präsidenten der Bolivarianischen Republik Venezuela, unseren Oberbefehlshaber (...)", sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino López in einer Fernsehansprache, umgeben von Mitgliedern des Generalstabs.
Maduro wurde gemäß dem Gesetz wiedergewählt, fügte Padrino hinzu. Allerdings warnte der Verteidigungsminister, dass das Militär "gewaltsame" Maßnahmen ergreifen werde, wenn dies erforderlich sei, um die Ordnung im ganzen Land aufrechtzuerhalten und die Verfassung sowie die Menschenrechte zu wahren. "Wir befinden uns in einem Staatsstreich, der von den faschistischen Kräften der extremen Rechten mit Unterstützung der imperialistischen Kräfte, der US-Imperialisten, orchestriert wird", sagte Padrino. "Wir werden diesen Staatsstreich vereiteln."
In Caracas rief Oppositionsführerin María Corina Machado ihre Anhänger von einer Bühne aus auf, zu sagen, dass das wahre Ergebnis der Wahl klar und nicht verhandelbar sei. "Das Einzige, worüber wir verhandeln wollen, ist ein friedlicher Machtwechsel." Die Opposition behauptet, Zugang zu mehr als 80 Prozent der detaillierten Wahlergebnisse aus einzelnen Wahlbezirken zu haben, die der Nationale Wahlrat noch nicht veröffentlicht hat. Laut diesen Ergebnissen hätte González 67 Prozent der Stimmen erhalten und Maduro 30 Prozent.
Angesichts der angespannten Situation und Spekulationen, dass Machado und González verhaftet werden könnten, bot die Regierung Costa Ricas ihnen und anderen politisch Verfolgten in Venezuela Asyl an. Machado bedankte sich, sagte jedoch, sie wolle vorerst in ihrem Heimatland bleiben. "Es ist meine Verantwortung, den Kampf Seite an Seite mit dem Volk fortzusetzen", schrieb sie auf X.
Nach der Präsidentenwahl am Sonntag erklärte die pro-regierungsamtliche Wahlbehörde Maduro zum offiziellen Sieger. Die Opposition wirft der Regierung Wahlbetrug vor. Die USA, die EU und mehrere lateinamerikanische Länder zweifeln ebenfalls an den offiziellen Wahlergebnissen. Die Organisation Amerikanischer Staaten erkennt Maduros Wiederwahl nicht an und hat für Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung des Ständigen Rates zur Situation in Venezuela einberufen.
Biden und Lula fordern Veröffentlichung detaillierter Wahlergebnisse.
Angesichts der Zweifel an den offiziellen Wahlergebnissen forderten US-Präsident Joe Biden und brasilianischer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva Transparenz. Sie einigten sich darauf, dass das venezolanische Wahlamt detaillierte Ergebnisse aus jeder Wahllokalität veröffentlichen sollte, wie das Weiße Haus nach ihrem Telefongespräch mitteilte. Sie teilten die Einschätzung, dass das Wahlergebnis von entscheidender Bedeutung für die Demokratie weit über die Grenzen Venezuelas hinaus sei.
Mindestens 11 Demonstranten, darunter zwei Minderjährige, sind bei Protesten gegen die Wahlergebnisse ums Leben gekommen, wie die unabhängige Organisation Foro Penal berichtet. Ein Polizeibeamter wurde ebenfalls getötet, wie das Generalstaatsanwaltsbüro mitteilt.
Insgesamt wurden landesweit 749 Demonstranten festgenommen, wie Generalstaatsanwalt Tarek William Saab mitteilte. Ihnen werden unter anderem Angriffe auf Polizeiwachen, Wahlbüros, Rathäuser und Krankenhäuser, sowie Terrorismus, Hetze und Blockade öffentlicher Straßen vorgeworfen.
Präsident Maduro kündigte eine Sicherheitsoperation an, bei der Soldaten und Polizisten die Straßen patrouillieren und gewalttätige Gruppen konfrontieren. Er beschuldigte die Opposition und die US-Regierung, einen Staatsstreich mit bewaffneten Gruppen zu planen. "Die Oligarchie kann die Wahlergebnisse nicht akzeptieren", sagte Maduro. "Aber der Faschismus wird nicht in Venezuela siegen."
UN-Menschenrechtskommissar äußert Besorgnis
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk äußerte in einer Erklärung Besorgnis über die Gewalt. "Ich bin besorgt über Berichte über die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch Sicherheitskräfte und bewaffnete Gruppen, die die Regierung unterstützen", sagte Türk. "Ich bitte die Regierung, das Recht aller Venezolaner auf Versammlung, friedlichen Protest und freie Meinungsäußerung zu respektieren, ohne Angst."
Venezuela befindet sich seit Jahren in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Im einst wohlhabenden Land mit umfangreichen Ölreserven lebt mehr als 80 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Stromausfälle sind häufig, und Benzin, Gas und Medikamente sind knapp. Mehr als sieben Millionen Menschen - ein Viertel der Bevölkerung - haben das Land in den letzten zehn Jahren aufgrund von Armut und Gewalt verlassen.
Statement des Verteidigungsministers Padrino via Twitter
Verteidigungsminister Vladimir Padrino López bekräftigte in einer Twitter-Erklärung die Unterstützung der Militärs für Präsident Nicolás Maduro, den er als Oberbefehlshaber von Venezuela bezeichnete. Joe Biden und brasilianischer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, die ihre Bedenken bezüglich der Wahlergebnisse äußerten, forderten das venezolanische Wahlamt auf, detaillierte Ergebnisse aus jedem Wahllokal zu veröffentlichen, betonend, wie dies die Demokratie jenseits der Grenzen Venezuelas beeinflusst.