Terry Reintke ist Spitzenkandidat der Grünen bei der Europawahl
Auf einem Parteitag in Karlsruhe wählten die Grünen Terry Reintke, den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Europaparlament, zu ihrem Spitzenkandidaten für die deutsche Europawahl. Der 36-Jährige hat es auch auf Top-Nachwuchskräfte aus Europa abgesehen. Im Rahmen der Ampel-Allianz-Vereinbarung könnte sie sogar EU-Kommissarin werden.
Auf einem Parteitag in Karlsruhe haben die Grünen ihre erste Entscheidung für die Europawahl im nächsten Frühjahr getroffen: Terry Reintke steht erwartungsgemäß an der Spitze der Kandidatenliste und erhält eine Unterstützungsquote von 95,2 %. Die 36-Jährige dankte ihrer Partei für den „Rückenwind“. Die Grünen hoffen, bis Samstagabend weitere 39 Kandidaten wählen zu können. Die verbleibenden Kandidaten werden von mehreren Bewerbern bestritten. Deutschlands Grüne stellen derzeit 21 Abgeordnete in Brüssel und Straßburg. Ob die hohen Ergebnisse von 2019 wieder erreicht werden können, ist ungewiss. Auch die Pläne für die Europawahl sollen bis Sonntag final sein.
Reintke ist einer der Vorsitzenden der Fraktion der Europäischen Grünen und will auch für den Spitzenkandidaten der Europäischen Grünen kandidieren. Sie sagte, es sei wichtig, bei der Wahl „alles zu tun, um dem Rechtsruck im Parlament entgegenzutreten“ und sich gleichzeitig zu der Einwanderungsfrage zu positionieren, die derzeit bei den Grünen heiß diskutiert werde. „Rechtsstaatlichkeit macht nicht an Europas Außengrenzen halt“, sagte Reintke zu den geplanten EU-Asylreformen. „Asyl ist ein Grundrecht.“ Die Grünen dürfen „nicht zulassen, dass dieses auf dem Altar populistischer Schmuddelkonkurrenz geopfert wird.“
In ihrem Europawahlprogramm drängt die Partei auf ein Infrastrukturbündnis, das Stromnetze und den Ausbau erneuerbarer Energien bündelt. Europa sollte Geld in seine eigene Widerstandsfähigkeit und zukünftige Industrien investieren. Ein weiteres Projekt: Die Grünen fordern eine europäische Plattform für Bahnreisen in der gesamten EU. Die Grünen sehen den Erfolg des deutschen 49-Euro-Tickets ermutigt und wollen langfristig einen EU-weit einheitlichen Tarif.
Ursula von der Leyens Nachfolgerin?
Reintke wurde 2014 erstmals ins Europäische Parlament gewählt und war damals das jüngste Mitglied der Grünen. Die aus Gelsenkirchen stammende Politikwissenschaftlerin gehört dem linken Flügel der Partei an und konzentriert sich auf wirtschaftliche Transformation, Klimapolitik, soziale Gerechtigkeit sowie Gleichstellung und feministische Themen. Der Europaabgeordnete ist mit der französischen Grünen-Politikerin Melanie Vogel verwandt, einer Senatorin im französischen Oberhaus.
Im Jahr 2017 erhielt Reintke weitere öffentliche Aufmerksamkeit: Sie wurde vom Time Magazine als Teil der #MeToo-Bewegung benannt, weil sie das Thema sexuelle Gewalt gegen Frauen ins Europäische Parlament gebracht hatte. Der Rücktritt von Ska Keller als EU-Fraktionschefin im Herbst 2022 markiert den bislang wichtigsten Schritt in Reintkes Karriere. Seitdem leitet der Politikwissenschaftler gemeinsam mit dem Luxemburger Philippe Lambert die Fraktion Grüne/EFA, der Abgeordnete aus 17 Ländern angehören.
Die Position eröffnet ihr gute Chancen, Spitzenkandidatin der europäischen Grünen zu werden – eine Entscheidung, die Anfang Februar auf einem Kongress in Lyon getroffen werden soll. Danach könnte sich die Situation für die überzeugte Europapolitikerin dramatisch verschlechtern: Vielleicht bekommt sie sogar den Posten der EU-Kommissarin. Jeder EU-Mitgliedstaat kann Vorschläge zur Besetzung von Kommissionspositionen einreichen. Sollte die Christdemokratin Ursula von der Leyen nicht wiedergewählt werden, liegt das Recht, deutsche Kommissare zu nominieren, laut Koalitionsvertrag bei den Grünen.
Quelle: www.ntv.de