Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die historische Leistung des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee gelobt. «Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee ist unter den wichtigen Momenten in der Geschichte der deutschen Demokratie wohl einer der unbekanntesten. Dabei ist er einer der bedeutendsten», sagte er am Donnerstag bei den Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag des Verfassungskonvents im Neuen Schloss Herrenchiemsee. Man könne fast sagen, dass die Bedeutung in einem umgekehrten Verhältnis zu seiner Bekanntheit stehe.
Der sogenannte Verfassungskonvent fand im August 1948 im alten Schloss auf Herrenchiemsee statt. Er wurde von den Ministerpräsidenten der Länder der westlichen Besatzungszonen einberufen. Gemeinsam mit Experten erarbeitete der Konvent in nur zwei Wochen eine Verfassung, die schließlich für die Ausarbeitung des deutschen Grundgesetzes maßgeblich wurde.
«Es ist erstaunlich, in wie kurzer Zeit man damals zu einem Ergebnis kam», betonte Steinmeier. Zwar drängte die Zeit, aber man «musste und wollte bis dahin jedenfalls etwas Brauchbares zustande bringen. So hat man innerhalb von nicht einmal zwei Wochen – stellen Sie sich das vor – hier miteinander beraten und einen ganzen Entwurf verfassen können.»
Die Vertreter der Länder und die eingeladenen Experten hätten «sehr ziel- und sachorientiert gearbeitet» und seien sich trotz aller Unterschiede bei Lebenswegen und Erfahrungen in entscheidenden und wesentlichen ideellen Überzeugungen einig gewesen. «Zwar enthält der Herrenchiemsee-Text auch einige Minderheitenvoten, aber die Formulierung der Grundrechte etwa wurde völlig einmütig gefunden», sagte der Bundespräsident.
«Der Verfassungskonvent vor 75 Jahren mag in der Kargheit des Alten Schlosses getagt haben. Aber mit seiner zentralen Hervorhebung der Menschenwürde als Maxime allen staatlichen Handelns strahlt der damals entstandene Verfassungsentwurf heller in die Gegenwart als aller Prunk und Glanz dieses Saales», sagte Steinmeier.