Schwimmbäder und Strände geschlossen, Speisen auf dem Zimmer, Ausgangssperre – Corona-Maßnahmen könnten den Urlaub verderben. Können Pauschalreisende jedoch unter bestimmten Umständen Erstattungen verlangen? Ja, sagte der Europäische Gerichtshof (EuGH), und zwar ganz klar auf der Seite der Pauschalurlauber.
Hintergrund des Urteils vom Donnerstag ist ein Fall in Deutschland. Die beiden Kläger buchten im März 2020 eine zweiwöchige Reise auf die Kanarischen Inseln. Zwei Tage nach ihrer Ankunft wurden dort wegen der Corona-Pandemie die Strände geschlossen und eine Ausgangssperre verhängt. Die Nutzung von Schwimmbädern und Liegestühlen ist im Hotel verboten, und das Animationsprogramm wird vollständig eingestellt. Die Reise endete in 7 Tagen – viel früher als geplant. Der Kläger will dann nur noch 30 % der Urlaubskosten bezahlen. Das Reisebüro lehnte dies mit der Begründung ab, dass er für diese „allgemeine Lebensversicherung“ nicht hafte. Das Paar reichte daraufhin Klage beim Landgericht München ein.
Pauschalreisende sind gut geschützt
Das EU-Recht berechtigt Urlauber zu einem ermäßigten Preis, wenn die Reise nicht vertragsgemäß durchgeführt wird – es sei denn, das Reisebüro kann ein Verschulden des Reisenden nachweisen . Reisende, die Flug und Unterkunft selbst buchen, sind in der Regel nicht so geschützt wie Pauschalurlauber. Für sie gelten nicht dieselben Regeln. Der Europäische Gerichtshof soll nun klären, ob Gran Canarias Corona-Maßnahmen gegen vereinbarte Buchungen verstoßen.
Luxemburger Richter ziehen jetzt Reisebüros zur Rechenschaft: Corona-Maßnahmen könnten bei der Buchung unterzeichnete Verträge verletzen. Reisebüros müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden, unabhängig davon, ob das Problem ihnen zuzurechnen ist oder nicht. Das Landgericht München muss nun entscheiden, ob verstopfte Schwimmbäder, fehlende Unterhaltung oder fehlender Zugang zu Stränden die Gründe für die Kürzung waren und um welche Höhe.
Reiseveranstalter kritisieren
Reiseveranstalter kritisierten das Urteil vom Donnerstag als unrealistisch. „In den Ausnahmesituationen einer Pandemie kann das allgemeine Lebensrisiko nicht überwiegend an touristische Anbieter ausgelagert werden“, sagte Torsten Schäfer vom Deutschen Tourismusverband dpa e zur Pandemie gelten auch für den Wohnort.“ Genau das, dass ähnliche Corona-Beschränkungen gleichzeitig im Heimatort verhängt werden, hat nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs nicht funktioniert. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen begrüßte das Urteil als positives Urteil für die Verbraucher.
Dies ist nicht das erste Mal, dass sich das Gericht mit der Frage der Rechte von Reisenden während der Pandemie befasst. Viele der bisherigen Rechtsstreitigkeiten drehten sich um den Rücktritt. Vor allem in den ersten Monaten der Corona-Krise stornierten Urlauber aus Angst vor einer Ansteckung Buchungen und zahlten teilweise saftige Stornogebühren. Gerichte haben zuletzt unterschiedlich beurteilt, ob solche Kosten angesichts der Umstände angemessen sind.
Diesen Sommer hat der Bundesgerichtshof (BGH) sein Urteil im Fall eines lungenkranken 84-Jährigen gefällt. Sie durfte daher kurzfristig ohne Zahlung von Stornogebühren von der Donaukreuzfahrt im Juni 2020 zurücktreten. In einem anderen Fall schaltete Richter Karlsruhe jedoch den EuGH ein. Es geht darum, welcher Zeitpunkt für kostenlose Abhebungen ausschlaggebend ist – was zum Beispiel Reisewarnungen bewirken. Hier steht das Urteil noch aus.