Für die deutsche Musikerin Ilgen-Nur ist es eine Art von Realitätsflucht, auf Englisch zu singen. Für sie sei die Sprache, die sie neben Deutsch und Türkisch spricht, eine Wahlsprache: «Es ist eine andere Welt, in die ich abtauchen kann», sagte die in Berlin lebende Künstlerin der Deutschen Presse-Agentur. «Ich schreibe selbst mein Tagebuch auf Englisch.» Sie liebe die deutsche Sprache, könne sich textlich aber auf Englisch besser ausdrücken – seit ihrer Teenagerzeit konsumiere sie Medien hauptsächlich auf Englisch.
Am Freitag ist Ilgen-Nurs zweites Album «It’s All Happening» erschienen. Darin singt sie – natürlich – auf Englisch. Die Platte hat sie in Los Angeles aufgenommen. Seit ihrem Debüt-Album «Power Nap» von 2019 entwickelte sich die 27-Jährige weiter. «Ich habe versucht, es textlich knapper zu halten, damit mein Gesang stärker durchkommt.» Auch die Themen sind etwas anders – es gehe immer noch um ihre innere Gefühlswelt. «Aber ich bin ein bisschen erwachsener geworden und bin nicht mehr so sauer und traurig. Ich schreibe viel darüber, dass ich das Leben mag und Hoffnungen habe.» Ihre atmosphärische Musik mit Gitarren- und Klavierklängen geht in Richtung Indie-Rock. Festlegen wolle sie sich aber nicht.
Zu Berlin hat die Musikerin, die aus Baden-Württemberg stammt, ein gespaltenes Verhältnis. «Wenn ich wirklich absolut frei wäre und keine Zwänge hätte und finanziell unabhängig wäre, würde ich den Sommer in Berlin verbringen und im Winter in LA sein.» In Los Angeles gebe es Berge, das Meer, man könne in die Weite schauen, die Stadt überblicken, sagte sie. «Ich habe das Gefühl, in Berlin gucke ich einfach vom einen Betonhaus ins nächste rein und ich weiß gar nicht, wie groß die Stadt eigentlich ist.»