zum Inhalt

Mehr Ersatzfreiheitsstrafen in Gefängnissen

Gefängnis
Ein Stacheldrahtzaun umzäunt das Gelände einer Justizvollzugsanstalt.

Die Zahl der Häftlinge mit einer sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe in Niedersachsens Gefängnissen steigt. Im laufenden Jahr seien es landesweit 339 Insassen – bei insgesamt 4751 Inhaftierten, sagte ein Sprecher des Justizministeriums in Hannover auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. 2022 wurden 273 Insassen mit Ersatzfreiheitsstrafe gezählt, die Gesamtzahl der Inhaftierten lag bei 4385. Der Anteil der Häftlinge mit Ersatzfreiheitsstrafe liege derzeit bei rund 7,14 Prozent, sagte ein Ministeriumssprecher. Er betonte: «Niedersachsen unternimmt erhebliche Anstrengungen, um den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen zu verhindern.»

Wer eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, sitzt die Summe gleichsam im Gefängnis ab. Die Zahl der Tage, die der jeweilige Häftling hinter Gittern verbringen muss, entspricht den Tagessätzen, zu denen er verurteilt wurde, wie der Sprecher unter Berufung auf das Strafgesetzbuch erklärte. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe liege bei einem Tag.

In den Coronajahren 2020 (136) und 2021 (194) war die Zahl der verbüßten Ersatzfreiheitsstrafen deutlich geringer als in den folgenden Jahren – und auch als in den Jahren davor. Die Zahl der Inhaftierten lag im Jahr 2020 bei 4189, im Jahr 2021 waren es 4450. Im Vor-Corona-Jahr 2019 gab es 347 Häftlinge mit Ersatzfreiheitsstrafe – bei insgesamt 4840 Inhaftierten.

Nach den Worten des Sprechers gibt es in Niedersachsen drei Ansätze, um Ersatzfreiheitsstrafen zu verhindern: Seit Sommer 2020 binden die Staatsanwaltschaften demnach die Gerichtshilfe in die Vollstreckung von Geldstrafen ein. Gemeinsam mit den Betroffenen werde nach einer Lösung gesucht. Damit sollten Menschen erreicht werden, die mit der Lage überfordert seien. Ein anderer Weg nennt sich «Schwitzen statt Sitzen»: Dabei übernehmen die Betroffenen gemeinnützige Arbeit, etwa die Pflege von Grünanlagen oder Kinderspielplätzen sowie Reinigungs- und Hilfsarbeiten in einer Sozialstation oder einem Krankenhaus. Der Justizsozialdienst vermittelt und überwacht dies.

Und es gibt laut Sprecher seit 2010 ein Projekt zur Geldverwaltung statt Vollstreckung: Dabei wird gemeinsam ermittelt, welche Rate für den Verurteilten oder die Verurteilte tragbar ist, die Anlaufstellen schlagen der Vollstreckungsbehörde eine Ratenhöhe vor und richten ein Konto ein. Der oder die Betroffene tritt seine Einkünfte an die Anlaufstelle ab, die dann die Ratenzahlung übernimmt.

Laut Ministerium hatte die rot-grüne Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgestellt, dass Ersatzfreiheitsstrafen das Land jährlich mehrere Millionen Euro kosteten, sich negativ auf die Resozialisierung auswirkten und meist arme Menschen träfen. Daher sollten «landespolitische Spielräume zur Reduzierung» genutzt werden. Im Regelfall soll demnach niemand ohne den Versuch eines Gesprächs seine Haft antreten müssen.

Kommentare

Aktuelles