Deutschland hat laut Experten im Vergleich zu den Nachbarländern eine höhere Anzahl an Krankenhäusern, aber es gibt immer noch Probleme mit der medizinischen Versorgung. Auch die Kliniken kämpfen mit Personalengpässen und finanziellen Belastungen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) befürchtet sogar eine “Pleitewelle”. Diese Probleme will die Regierung nun durch eine Krankenhausreform angehen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) befürchtet, dass Kliniken „langsam sterben“, wie er twitterte. „Viele Krankenhäuser sind intensivmedizinisch.“
Wie viele Kliniken gibt es in Deutschland?
In den letzten Jahren ist diese Zahl stetig zurückgegangen. 2001 gab es noch rund 2.200 Krankenhäuser mit mehr als 550.000 Betten, 2021 weniger als 1.900 mit 484.000 Betten. In den wenigen Kliniken arbeiten heute jedoch weit mehr Ärzte und Pfleger als zur Jahrtausendwende. Gab es damals 122.000 hauptamtliche Ärzte und etwa 415.000 Krankenschwestern, sind es heute mehr als 200.000 Ärzte und 486.000 Krankenschwestern.
Dann hätte sich die Qualität und Pflege auf dem Hof eigentlich verbessern müssen…
Nicht unbedingt, denn auch die Zahl der in der Klinik behandelten Fälle hat deutlich zugenommen: Vor 20 Jahren Jedes Jahr gibt es 17 Millionen Fälle, gegenüber mehr als 19 Millionen vor dem Ausbruch des Coronavirus. Diese Zahl ging in den Pandemiejahren 2020 und 2021 zurück, da sich die Behandlung verzögerte. Langfristig ist jedoch aufgrund einer alternden Gesellschaft mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Experten zufolge gibt es auch im derzeitigen System Fehlanreize, die dazu führen, dass die Zahl der behandelten Personen kontinuierlich zunimmt. Diese sollen nun durch eine Krankenhausreform reduziert werden.
Was sind diese falschen Anreize?
Hier geht es meist um die sogenannte Fallpauschale, die gesenkt werden soll. Kliniken erhalten pro Patient bzw. pro Behandlungsfall einen Pauschalbetrag in Euro. Laut Lauterbach führt dies zu einem „Hamsterradeffekt“, möglichst viele Behandlungen zu möglichst geringen Kosten durchzuführen. Die Qualität leidet darunter, während die Mitarbeiter aufgrund der Arbeitsbelastung einem erhöhten Stress ausgesetzt sind. Durch die reduzierte Pauschale sollen Anreize reduziert werden, wie z. B. das Anpassen von Knieprothesen dort, wo sie möglicherweise nicht benötigt werden.
Bei einer Kürzung der Pauschale verliert die Praxis jedoch Geld. Wie soll das ausbalanciert werden?
Im Gegenzug soll der Klinik eine sogenannte Versorgungsleistung zur Verfügung gestellt werden: ein fester Betrag für die Bereitstellung von Personal, Notaufnahmen oder notwendiger Medizintechnik. Feuerwehren werden nicht nur bezahlt, wenn es brennt, argumentieren Experten, die den Krankenhausreformvorschlag für die Bundesregierung ausgearbeitet haben, mit dem jetzt ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird.
Was sollte das Krankenhaus noch ändern?
Es sollte eine bessere Ressourcenallokation geben: mehr Spezialisierung, weniger „jeder macht alles“. Im ganzen Land werden Pläne mit angemessener Finanzierung Kliniken in drei Ebenen harmonisieren: Kliniken, die näher am Wohnort liegen und grundlegende und dringende Pflege leisten, „Routine- und Prioritätsversorgung“ (d. h. zusätzliche Dienstleistungen) und Einrichtungen der „Maximalversorgung“, wie z. B. eine Universität Klinik.
Auch innerhalb der Klinik wird eine stärkere Spezialisierung angestrebt, mit konkreten Aufträgen für bestimmte Leistungen (Leistungsgruppen). Je nach Klinik kann es Subspezialitäten in der Nieren-, Herz- oder Magen-Darm-Versorgung geben, anstatt einer allgemeinen Abteilung für Innere Medizin, in der alles erledigt wird.
Viele Kliniken haben finanzielle Probleme. Woher kam das?
Während der Corona-Pandemie gingen Kliniken Einnahmen verloren, da sich Behandlungen verzögerten, da Betten für mögliche Corona-Patienten bereitgestellt werden mussten. Ein staatlicher Ausgleich hierfür kann laut DKG dies nicht abdecken. In Verbindung mit der starken Inflation hat sich die finanzielle Belastung des Krankenhauses weiter erhöht. Krankenhäuser können höhere Preise für Materialien, Versandkosten, Lebensmittel oder was auch immer nicht einfach weitergeben.
Die DKG und die Krankenkassen kritisieren auch die Bundesländer, die zum Beispiel in neue Geräte, Renovierungen und neue Wasserhähne investieren. Diese Länder sollen ihre finanziellen Verpflichtungen vernachlässigt haben. Kliniken müssen dann dringend benötigte Sachen aus eigener Tasche bezahlen, da erst mit mehr Behandlungen – Stichwort Fallpauschalen – mehr Umsatz generiert werden kann und dann der „Hamsterradeffekt“ einsetzt.
Kann die geplante Krankenhausreform das Problem kurzfristig lösen?
Schließlich kommt es auf die konkreten Gesetzesänderungen an. Die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, sahen zunächst Systemänderungen über einige Jahre vor, was kurzfristig nicht viel bringen wird. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat bereits um zusätzliche Mittel gebeten: Der Bund soll jährlich 15 Milliarden Euro für die Betriebskosten von Kliniken bereitstellen. Eine nachhaltige Krankenhausversorgung wird nicht durch reine Umverteilung gelingen.