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Kinder zweisprachig erziehen: Aber wie?

Zu Beginn sollte berücksichtigt werden, dass es kein Universalrezept für eine perfekte zweisprachige Erziehung gibt. Denn jedes Kind ist anders: in seiner Entwicklung, in seiner Aufnahmefähigkeit und auch in der Lernbereitschaft. Der Spracherwerb verläuft bei jedem Kind individuell, daher sind Vergleiche mit anderen Kindern eher kontraproduktiv.

Sprache als Chance

Die Zweisprachigkeit sollte als Chance und nicht als Pflicht betrachtet, und von den Kindern schon gar nicht als Zwang empfunden werden. Wenn die Eltern einen starken Druck auf das Kind ausüben, kann es sich ganz vor der Sprache verschließen oder gar eine Abneigung dagegen entwickeln. Man sollte dem Kind von Anfang an vermitteln, wie wichtig und wertvoll beide Sprachen sind und welchen Vorteil sie ihm bringen. Ja, auch ganz kleine Kinder verstehen schon die Bedeutung der Mehrsprachigkeit: Wenn sie zum Beispiel die Großeltern nicht verstehen, kann es auch für das Kind sehr belastend sein. Kann das Kind mit den Großeltern in einer bestimmten kommunizieren, wird es automatisch positive Verknüpfungen damit machen.

Der Anreiz für das Erlernen der Sprache sollte nicht nur am Anfang geschaffen, sondern kontinuierlich erneuert werden. Somit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind auch über bestimmte Entwicklungsphasen hinaus den Wunsch beibehält, die Sprache weiter zu lernen, zu vertiefen und sich im Sprachgebrauch weiter zu entwickeln.

Wie geht man am besten vor?

Wie bereits erwähnt, gibt es kein Universalrezept für eine perfekte sprachliche Erziehung, aber ein paar Regeln und Tipps, die die Zweisprachigkeit bei einem Kind fördern könnten.

Die erste Regel lautet, eine strikte Trennung zwischen den Sprachen zu schaffen. Das Kind muss verstehen, dass es sich dabei um unterschiedliche Kommunikationsmittel handelt. So praktizieren viele Eltern zum Beispiel das Muster: Deutsch nur mit Mama, Russisch nur mit Papa. Dabei sollten die Eltern konsequent bleiben. Nicht immer hin und her switchen, denn das könnte das Kind nur verwirren. Innerhalb der gemeinsamen Familienzeit, kann man sich auf eine Sprache einigen oder die Sprachen von Fall zu Fall abwechseln. Da sollten die Eltern auf die Bedürfnisse des Kindes achten und die Abläufe bei Bedarf anpassen.

Übung macht den Meister

Das regelmäßige Sprechen ist der Schlüssel zum erfolgreichen Spracherwerb. Wenn das Kind nur einmal die Woche ein Kinderbuch vorgelesen bekommt und sich nicht einmal dazu äußern darf, ist es höchst unwahrscheinlich, dass es anfängt in dieser Sprache flüssig zu sprechen. Aber auch die Eltern spielen eine wichtige Rolle beim Spracherwerb. Denn vielleicht sind sie das einzige sprachliche Vorbild für ihr Kind. Je mehr mit dem Kind gesprochen wird, desto mehr kann es aufnehmen – und später selbst anwenden. Mit dem Hören und Sprechen erweitert sich auch der Wortschatz des Kindes.

Worüber sprechen? Über alles! Übung macht bekanntlich den Meister. Bei Spaziergängen die Umgebung beschreiben, beim Spielen über Formen und Farben reden, Fragen stellen und zu Antworten auffordern: Wie das Kind sich sprachlich entwickeln, hängt zum großen Teil von den Eltern ab.

Fehler zulassen

Niemand ist perfekt, daher sollte man seinem Kind gestatten, auch mal Fehler zu machen. Kinder, die zweisprachig aufwachsen, müssen eine große Herausforderung meistern. Da hilft es recht wenig, wenn sie für ihre Fehler gerügt werden. Wenn Eltern ihre Kinder für sprachliche Fehler „bestrafen“, dann führt es beim Kind schnell zu einer inneren Blockade und es wird sich nicht trauen, in dieser Sprache zu sprechen oder bestimmte Formulierungen zu verwenden. Man darf den Kindern die Neugierde und die Lust am Erlernen der Sprache nicht durch zu viel eigenen Ehrgeiz nehmen.

Es sollte aber auch nicht jeder einzelne Fehler sofort korrigiert werden. In alltäglichen Situationen ist es oft nicht möglich, auf jede Kleinigkeit zu reagieren. Dennoch sollte man darauf achten, dass das Kind richtig spricht, bei Gelegenheit auf den Fehler hinweisen und erklären, wie es richtig heißt. Am besten man macht es unauffällig – indem man das Wort oder den Satz richtig wiederholt und dem Kind somit signalisiert: So klingt es eigentlich richtig. Dann kann das Kind die Korrektur übernehmen, ohne direkt darauf hingewiesen worden zu sein, dass es etwas falsch ausgesprochen hat. Später wird es in solchen Situationen lernen, solche „schleichenden“ Korrekturen zu erkennen und eigenständig die richtige Aussprache und Formulierungen zu übernehmen.

Sprachlehrer zu Hause

Leider haben nicht alle Eltern so viel Zeit, dass sie stundenlang mit ihrem Kind in unterschiedlichen Sprachen kommunizieren, lesen und spielen können. Da kommen „Sprachassistenten“ ins Spiel: Das sind Bücher, Filme, Zeichentrickfilme, Hörbücher oder Musik. Natürlich sollte das Kind nicht stundenlang sich selbst überlassen werden, aber zwischendurch eignen sich solche Maßnahmen sehr gut, damit das Kind auch mal andere sprechen hört. Dabei begegnet es neuen Begriffen, Themen und Bezeichnungen, und kann neue Wörter und Formulierungen aufschnappen.

Weiterführende Lernangebote

Im Kindergarten und in der Schule werden die Deutschkenntnisse der Kinder gestärkt. Oft passiert es, dass die deutsche Sprache zu dominieren beginnt. Besonders in der Teenagerzeit neigen die meisten Jugendlichen dazu, sich auf Deutsch zu unterhalten, da der Großteil ihrer Freunde diese Sprache spricht. Die Zweitsprache wie Russisch, Türkisch, Italienische oder andere, mutieren unauffällig zu „Haussprache“. Oft haben die Kinder und Jugendlichen auch gar keine weiteren Gesprächspartner als ihre Eltern oder Großeltern. Da wird es für viele Eltern zur Herausforderung die Zweitsprache auf dem gleichen Niveau aufrechtzuerhalten.

Möchte man die Sprachkenntnisse seines Kindes erweitern, kann man über den Besuch einer Sprachschule nachdenken. In vielen Städten werden Kinderclubs oder Lernkurse in bestimmten Sprachen angeboten. Dort wird spielerisch die Sprache gelernt und ab einem gewissen Schulalter, wird die Sprache zusätzlich vertieft. An manchen Einrichtungen wird ein umfangreiches Lernprogramm angeboten, dass nicht nur das Sprechen, sondern auch das Schreiben, die Grammatik usw. umfasst.

Die Zweisprachigkeit bietet eine Menge an Vorteilen, zum Beispiel für das spätere Erlernen von weiteren Sprachen, für die Kommunikation mit anderen Menschen oder auch in der beruflichen Laufbahn. Selbst grundlegende Kenntnisse in einer bestimmten Sprache können bei einer Bewerbung bereits von Vorteil sein. Daher sollten Sprachen bei Kindern gezielt gefördert werden. Selbst wenn die Sprösslinge sich manchmal sträuben, das Sprechen in einer bestimmten Sprache verweigern oder sich in bestimmten Entwicklungsphasen für nur eine Sprache entscheiden, so werden sie es Ihnen später jedoch danken, wenn sie mehrere Sprachen beherrschen oder zumindest verstehen können. In unserer globalen Welt ist es heutzutage von unschätzbaren Wert.

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